75 www.architektur-online.com Frauen in der Architektur
Architektin DI Regina Freimüller Söllinger
Frauen in der Gesellschaft, Frau Architekt!
Seit 2007 führe ich mein eigenes Ziviltechnikerbüro
als alleinige Gesellschafterin mit
bis zu 14 MitarbeiterInnen. Der Frauenanteil
in meinem Büro liegt im Durchschnitt bei
40% und die Honorierung ist abhängig von
Leistung, Aufgabenbereich, Verantwortung
und Erfahrung. Dass europaweit Architektinnen
immer noch weniger verdienen als die
männlichen Berufsgenossen ist nicht fair
und gesellschaftspolitisch ist alles daran zu
setzen, dass der Lohn angeglichen wird. Zu
diesem Thema sind aber auch die Frauen
selber angehalten, höhere Löhne zu fordern.
In meinem Büro nehme ich nur die besten
Mitarbeiter auf, egal ob weiblich oder männlich.
So arbeiten wir bei mir im Büro sehr
viel im Team, jeder leistet einen wertvollen
Beitrag zum großen Ganzen. Meine MitarbeiterInnen
kommen aus unterschiedlichen
Ländern und Schulen und diese Diversität
ist ein wesentlicher Bestandteil für unser
Schaffen.
Aus meinen Arbeiten ist – glaube ich – nicht
ablesbar, ob Frau oder Herr Architekt am
Werk ist. Jeder Mensch hat eigene Ansätze,
Hintergrund und Zwänge in seiner Arbeit
und die Architekturen sind sehr eng mit der
jeweiligen Persönlichkeit verknüpft.
Ich bin öfters bei wichtigen Besprechungen
mit: “Ah, der Herr Architekt kommt nicht?“
– so quasi „nur“ die Frau kommt, angesprochen
worden. Ich habe dann scherzhaft
geantwortet: „Nein der Herr Architekt ist
im Büro.“ Zu Beginn meiner Tätigkeit hatte
ich schon den Eindruck, dass manche Bauherren
ein besseres Gefühl haben, wenn sie
glauben können, dass mein Mann das Büro
führt. Des öfteren sind Briefe folgend adressiert:
Herr Architekt Regina Freimüller,
Sehr geehrter Architekt, ... – anfangs habe
ich mich schon darüber ein wenig geärgert,
jetzt verschwende ich keinen Gedanken
mehr daran.
Regina Dahmen-Ingenhoven (deutsche
Architektin) hat einmal gesagt: „Wenn Sie
glauben, man könnte wirklich beides haben,
viele Kinder, eine große Familie – und
zugleich enorme Ambitionen im Beruf ausleben:
Das ist eine Illusion.“ Das sehe ich
ähnlich. Der Preis, um beides gut zu bewerkstelligen,
ist sehr hoch. Gute Organisation,
viel Ausdauer und Kraft sind erforderlich.
Ich habe zum Beispiel, nach nur vier Monaten
Mutterschutz meine Unterrichtstätigkeit
an der ETH Zürich wieder aufgenommen.
Am ORL-Institut an der ETH war ich
die einzige Frau mit Kindern. Mehrmals hat
man mich mitleidig angesprochen, ob mein
Mann nicht gut genug verdiene, sodass ich
auch arbeiten gehen müsse. Diese Haltung
hat mich damals schon sehr schockiert.
Wichtig ist jedoch – falls Frauen den Karriereweg
einschlagen wollen – dass sie Rahmenbedingungen
vorfinden, die dies auch
erlauben. Damit meine ich unter anderem:
leistbare Kinderbetreuungseinrichtungen,
Ganztagsschulen und Akzeptanz in der
Gesellschaft. Die Unzufriedenheit, nicht genug
Zeit für die Kinder und zu wenig Zeit
für das Büro zu haben, war ein ständiger
Wegbegleiter für mich. Aber jede Frau muss
sich die Frage, wie sie mit Karriere umgeht,
selbst stellen. Weniger Zurückhaltung und
„falsche“ Bescheidenheit, mehr Selbstbewusstsein,
mehr Zufriedenheit mit den eigenen
Projekten, selbstbewusster über die
eigenen Arbeiten sprechen – all das hilft uns
(Frauen), in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen
zu werden. Alexandra Hagen
(Direktor der schwedischen Firma White
Arkitekter) drückt es folgendermaßen aus:
„Lerne zu verhandeln. Sei ausdauernd, steh
für dich ein und weiche nicht zurück.“
© FSA a.ehrenreich
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