34 architektur FACHMAGAZIN architekturszene Animal Aided Design Die Zukunft der Architektur? Vogelnester an der Fassade, Fledermäuse in Mauerritzen, Eidechsen in Vorgärten – schon seit Anbeginn der Zeit teilen sich Mensch und Tier einen Siedlungsraum. Auch heute gibt es in Städten eine große Artenvielfalt. Ob und welche Tierarten sich in städtischen Wohnquartieren ansiedeln, wird allerdings meistens dem Zufall überlassen. Im schlimmsten Fall hat so eine mangelhafte Planung den Rückgang bestimmter Gattungen als Konsequenz – vor allem der Sperlingsbestand hat sich innerhalb der letzten Jahre in den Großstädten so stark verringert, dass sich dieser bereits auf der Vorwarnliste gefährdeter Arten befindet. Die Verdrängung passiert in der Regel aus Versehen, sie ist auf die Unwissenheit der Planer zurückzuführen. Dieser Tendenz wollen Dr. Thomas E. Hauck und Prof. Wolfgang W. Weisser mit dem so genannten Animal Aided Design jetzt entgegenwirken. Mit naturnahen Elementen die Artenvielfalt in Städten erhöhen Immer öfter greift die Architektur der heutigen Zeit auf Elemente aus der Natur zurück, um die Lebensqualität der Menschen zu erhöhen. Tiere sind in jeder Siedlung vertreten. Trotzdem spielen diese in der Stadt- und Grünraumplanung bisher eine untergeordnete Rolle. Unter dem Begriff Animal Aided Design werden architektonische und stadtplanerische Maßnahmen, welche den Lebensraum der Tiere in die Gestaltung von Bauobjekten integrieren, verstanden. Nicht nur Aufenthaltsbereiche für verschiedenste Lebewesen sollen dadurch geschaffen, sondern gleichzeitig kann so der Siedlungsraum des Menschen zu dessen Vorteil modifiziert werden. Eine Förderung der Biodiversität in Städten hat laut Dr. Hauck nämlich positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Bewohner. Durch den Bau begrünter Fassaden, die als Nistplätze für diverse Vogelarten infrage kommen, wird zusätzlich das Klima im urbanen Bereich reguliert. Auch von der Anlegung weitläufiger Grünflächen profitieren Mensch und Tier gleichermaßen. Um die Artenvielfalt in Städten zu fördern, gilt es, Architekten für die Bedürfnisse von Tieren zu sensibilisieren. Die Konzeptidee Text: Dolores Stuttner von Hauck und Weisser verlangt den verantwortlichen Personen auf den ersten Blick natürlich ein großes Maß an Planung ab. Immerhin muss sich eine Fachkraft im Vorfeld dafür entscheiden, welche Tierarten im Ortsbild vertreten sein sollen. Hierbei ist ebenfalls zu prüfen, ob die jeweilige Umgebung für die gewünschten Gattungen als Lebensraum geeignet ist. Das Tiervorkommen darf also nicht dem Zufall überlassen werden. Um Fachkräfte bei diesem Prozess zu unterstützen, stellen Hauck und Weisser eine kostenlose Informationsbroschüre zur Verfügung. In dieser finden sich nicht nur genaue Beschreibungen bestimmter Tierarten, sondern auch Vorschläge zur Umsetzung des Animal Aided Design. Ein unentbehrliches Konzept für die moderne Stadtentwicklung? Die Gefahr besteht darin, dass Animal Aided Design in der Architektur vordergrün- dig als Einschränkung angesehen wird. Eine genaue Auseinandersetzung mit den jeweiligen Tierarten ist vor Realisierung eines Entwurfs natürlich Voraussetzung. Zusätzlich ist darauf zu achten, dass der Mensch den Lebensraum des Tieres nicht stört. Nur so kommt ein Konzept, das von Dauer ist, zustande. Allerdings zeigen die Beispiele der beiden Wissenschaftler, dass die Rückkehr zur Natur für die Planung auch als Inspiration dienen kann. Was einer möglichst genauen Vorbereitung bedarf, lässt sich in der Praxis nämlich einfach umsetzen. Schon kleine, kostengünstige Maßnahmen helfen, einen angemessenen Lebensraum für Tiere zu schaffen. Durch die Einpflanzung langer Gräser kann beispielsweise ein geschützter Bereich für kleine Vogelarten, wie den Haussperling, entstehen. Erfahrungen aus der Vergangenheit verdeutlichen sogar, dass teure Vorgehensweisen weitgehend ineffizient und damit überflüs- Park am Gleisdreieck ©Lienhard Schulz
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