36 architektur FACHMAGAZIN architekturszene Planen für Hitler – aus der Vergangenheit lernen! „Wenn jemand im Laufe des Lebens ein KZ geplant hat, wollte er dies natürlich nicht an die große Glocke hängen.“ Dieses Zitat des Architekten Klaus Steiner verrät, warum die Öffentlichkeit bisher sehr wenig über die Architektur und Raumplanung von 1938 bis 1945 weiß. Tatsächlich blickt diese Disziplin im deutschsprachigen Raum auf eine eher düstere Vergangenheit zurück. Bis vor wenigen Jahren wurde das Planungsgeschehen zur Zeit des Dritten Reiches weitgehend ignoriert. Dies lag nicht zuletzt daran, dass viele Beteiligte auch nach Ende der nationalsozialistischen Diktatur weiterhin in der Planung tätig waren – oftmals sogar als Lehrer an Universitäten. Immerhin stellte die Raumplanung laut Steiner bis in die 1980er Jahre ein Umfeld dar, in dem es „nur so von alten Nazis gewimmelt“ hat. Mit der Ausstellung „Wien. Die Perle des Reiches.“ Planen für Hitler, will Architekt Steiner erstmals eine Lücke in der deutschsprachigen Architekturgeschichte schließen. „Rasse und Raum“ – die Ideologien der Wiener Raumplanung im Nationalsozialismus Mit der Ausstellung im Architekturzentrum Wien wird Interessierten ein Einblick in das Planungsgeschehen des Dritten Reichs gewährt. Dieser zeigt Details zur Baugeschichte des Nationalsozialismus auf, wobei die durch Klaus Steiner gesammelten Dokumente als Grundlage dienen. Die vom 19. März bis zum 17. August 2015 laufende Veranstaltung gliedert sich in neun Themenbereiche, wobei neben Fotos und Plänen auch Videos zu sehen sind. Auf diese Weise soll Besuchern ein ganzheitlicher Blick in die Vergangenheit der Stadt Wien ermöglicht werden. Mit seinen historischen Aufzeichnungen will Steiner aber nicht nur auf das Baugeschehen der 1930er und 1940er Jahre aufmerksam machen, sondern auch mit dem Gerücht aufräumen, Text: Dolores Stuttner dass Wien beim Planungsvorhaben der Nationalsozialisten nur eine untergeordnete Rolle spielte. Die Stadt selbst hatte bei der Umsetzung der Pläne von Adolf Hitler nämlich einen besonders hohen Stellenwert – vom Diktator selbst wurde die Stadt als „Perle des Reiches“ bezeichnet, was eine regelrechte Planungseuphorie auslöste. Wien sollte demnach während der Nazizeit die Rolle einer Kulturhauptstadt einnehmen. Tatsächlich war die Großstadt an der Donau nach einer Ausweitung auf 26 Bezirke nach Berlin die größte Metropole des damaligen Deutschen Reiches. Anhand der Industrie- und Baukonzepte lässt sich erkennen, dass die Hauptstadt Österreichs als bedeutender Transitraum nach Süd- und Osteuropa angesehen wurde. Daher sollte der Ort auch in puncto Architektur als Aushängeschild der Ideologien der Nationalsozialisten dienen. Hierfür bedienten sich die Planer politisch motivierter Architektur sowie des Baus sogenannter Monumentalachsen. Doch auch im Wohnbau wollte die Diktatur unter Hitler ihre politischen Überzeugungen umsetzen. Als ideale Wohnsituation galt damals das Einfamilienhaus, welches in eine Siedlung eingebettet sein sollte. Hiermit wollte die Diktatur nicht nur die Entstehung der als optimal angesehenen Vierkindfamilie fördern, sondern auch für gegenseitige soziale Überwachung sorgen. In diesem Kontext machte sich die Raumplanung der Nationalsozialisten gleichermaßen eine rassistisch gestützte Trennung der „Rassen“ zum Ziel. So sollte die Mehrzahl der gut erschlossenen, komfortablen Wohnformen lediglich den Angehörigen des „Deutschen Volkes“ zur Verfügung stehen. Kann die Raumplanung aus der Vergangenheit lernen? Deutlich wird bei der Ausstellung, dass auch die Zeit des Nationalismus großen Einfluss auf das heutige Aussehen der Stadt Wien hat. Laut Steiner sind aber nicht alle Pla- © Pez Hejduk
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