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40 architektur FACHMAGAZIN Bau & Recht Die freie Mietzinsbildung am Wohnungsmarkt Das österreichische Mietrechtsgesetz (MRG) sieht umfassende mieterschutzrechtliche Bestimmungen vor. Dazu zählen im Vollanwendungsbereich des MRG neben anderen auch Mietzinsbildungsvorschriften und -beschränkungen, die zwingend sind und daher zum Nachteil eines Mieters vertraglich nicht abgeändert werden können. Nicht alle Mietverhältnisse fallen in den Vollanwendungsbereich des MRG. Vielmehr ist auch eine Vollausnahme vom MRG oder eine Teilanwendung des MRG denkbar, sodass das MRG unter Umständen gar nicht oder nur hinsichtlich der Kündigungsschutzbestimmungen anzuwenden ist und das MRG die Mietzinsbildung nicht berührt. Im Vollanwendungsbereich des MRG bestehen für die Mietzinsbildung Schranken dahin gehend, dass der Mietzins – abhängig von gesetzlich festgelegten Umständen (z. B. Ausstattung, Größe und Widmung des Mietgegenstandes etc.) – dem angemessenen Mietzins, dem Richtwertmietzins oder dem Kategoriemietzins zu entsprechen hat. Im Teilanwendungs- oder Vollausnahmebereich kann der Mietzins hingegen frei vereinbart werden. Ob die Mietzinsbildung dem Regime des MRG unterliegt oder nicht, ist von § 1 MRG abhängig, der sich dabei insbesondere an der Art des Mietgegenstandes, am Zeitpunkt der Baubewilligung aufgrund welcher das Gebäude oder der Mietgegenstand errichtet wurde und am Umstand orientiert, ob für die Errichtung des Gebäudes öffentliche Mittel (z. B. Förderungen) in Anspruch genommen wurden. Aus-, Zu- und Umbauten von Altbestand verschlingen mitunter hohe Investitionskosten. Will man die damit geschaffenen Räumlichkeiten als Wohnung vermieten, ist es fraglich, ob diese Investitionskosten im Mietzins Berücksichtigung finden können. In der Praxis bedeutet dies für die Wohnungsmiete: Vom Anwendungsbereich des MRG zur Gänze ausgenommen und daher einer freien Mietzinsbildung zugänglich sind neben anderen insbesondere • Wohnungen, die im Rahmen des Betriebes eines Beherbergungsunternehmens oder eines Heimes für ledige oder betagte Menschen, Lehrlinge, jugendliche Arbeitnehmer, Schüler oder Studenten vermietet werden. • Wohnungen, die von einer karitativen oder humanitären Organisation im Rahmen sozialpädagogisch betreuten Wohnens vermietet werden. • Wohnungen, die aufgrund eines Dienstverhältnisses als Dienstwohnung überlassen werden. • Zweitwohnungen, die zum Zwecke der Erholung oder der Freizeitgestaltung gemietet werden, oder Mietgegenstände, die in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbstständigen Wohnungen gelegen sind. Dem MRG nur teilweise unterworfen und so ebenfalls einer freien Mietzinsbildung zugänglich sind zudem: • Mietgegenstände, die in Gebäuden gelegen sind, die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer nach dem 30. Juni 1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind. • Mietgegenstände, die durch den Ausbau eines Dachbodens oder einen Aufbau aufgrund einer nach dem 31. Dezember 2001 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, • sowie unausgebaute Dachbodenräumlichkeiten, die mit der Abrede vermietet werden, dass – wenn auch zum Teil oder zur Gänze durch den Hauptmieter – entweder in ihnen oder in einem an ihrer Stelle durchgeführten Aufbau eine Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit errichtet werde. • Mietgegenstände, die durch einen Zubau aufgrund einer nach dem 30. September 2006 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, sowie • Mietgegenstände, die im Wohnungseigentum stehen, sofern der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, das aufgrund einer nach dem 8. Mai 1945 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden ist. Soweit jedoch weder eine Vollausnahme noch eine Teilausnahme vom MRG vorliegt, fallen Mietverhältnisse über Wohnungen in den Vollanwendungsbereich des MRG. Für besondere rechtliche Fragestellungen sorgen in diesem Zusammenhang Aus-, Zu- und Umbauten von Altbestand. Denn abhängig von Umfang und Qualität solcher Text: Mag. Matthias Nödl, Rechtsanwalt


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