architektur FACHMAGAZIN 42 Bau & Recht Vertragsraumordnung – Städtebauliche Verträge Rasante Bevölkerungsentwicklung, knappe Baulandreserven, wachsende Infrastrukturkosten und begrenzte öffentliche Mittel – die Vertragsraumordnung soll Abhilfe schaffen und ermöglicht eine Kombination von Änderungen des Flächenwidmungsplanes und privatrechtlichen Verträgen als wirksames Instrument der städtebaulichen Planung. Für private Investoren und Bauträger bietet der Abschluss städtebaulicher Verträge sowohl Chancen als auch Risiken. Ballungszentren und Städte wachsen und benötigen neben zusätzlichen Bürogebäuden und Wohnbauten auch neue Infrastruktur wie Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, Erholungsflächen, Verkehrswege und Versorgungseinrichtungen. Aufgrund der Knappheit öffentlicher Mittel ist es jedoch für die öffentliche Hand vielfach schwierig, derartige Einrichtungen alleine zu finanzieren. Abhilfe soll unter anderem die Möglichkeit der sogenannten Vertragsraumordnung schaffen. Dieser internationale Trend bezeichnet den Abschluss städtebaulicher Verträge zwischen der öffentlichen Hand und privaten Investoren oder Bauträgern und wird als zentrales Werkzeug zur Steuerung städtebaulicher Projekte eingesetzt. Es soll sicherstellen, dass Bauland nicht zu Spekulationszwecken gehortet, sondern möglichst rasch widmungskonform bebaut wird, ohne dabei die Gemeinden mit Infrastrukturkosten zu belasten. In Österreich ist das Instrument des städtebaulichen Vertrages in den Bau- und/oder Raumordnungen der einzelnen Bundesländer gesetzlich verankert. Die in den Landesgesetzen geschaffenen Bestimmungen berechtigen die Gemeinden zum Abschluss privatrechtlicher Vereinbarungen mit Grundeigentümern, wenn ein Grundstück für ein Bauvorhaben umgewidmet wird. Den Grundeigentümern werden dabei diverse Verpflichtungen, wie z. B. im Hinblick auf die Bebauung und Nutzung und für den Fall einer Weitergabe auferlegt. Darüber hinaus werden in den Verträgen auch funktionale Aspekte, wie die gegenseitigen Verpflichtungen zur Schaffung von Infrastrukturausbauten und die Sicherung Text: Mag. Matthias Nödl, Mag. Elisabeth Stocker kommunaler Einrichtungen festgelegt. Intention der Vertragsraumordnung ist es dabei, die Realisierung städtebaulicher Planungsziele zu unterstützen sowie insbesondere auch die Grundeigentümer an den Infrastrukturkosten zu beteiligen, die durch die Umwidmung entstehen. Die gesetzlichen Grundlagen räumen der inhaltlichen Ausgestaltung städtebaulicher Verträge einen recht weiten Spielraum ein. Der konkrete Umfang eines Vertrages ist sohin im Rahmen des jeweiligen Bauvorhabens von den Vertragsparteien im Einzelnen aus zu verhandeln und vertraglich festzulegen. Zu beachten sind dabei nicht nur zivilrechtliche Fragestellungen, sondern insbesondere auch die verfassungsrechtlichen Grenzen solcher Verträge. Diese hat der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits im Jahr 1990 anhand des Beispiels des Salzburger Raumordnungsrechtes aufgezeigt. Demnach darf das Instrument des städtebaulichen Vertrages nicht dazu missbraucht werden, um einen Grundeigentümer – quasi als Gegenleistung für die Umwidmung seines Grundstücks und/oder unter dem Druck einer drohenden Rückwidmung – zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrages bestimmten Inhalts zu zwingen. Eine solche Raumordnung würde nach Ansicht des VfGH aufgrund fehlender, effektiver Rechtsschutzmöglichkeiten im Zusammenhang mit solchen Vereinbarungen einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentumsrecht des betroffenen Grundeigentümers darstellen. Im Hinblick auf diese höchstgerichtliche Judikatur regelt beispielsweise § 1a Abs 2 der Wiener Bauordnung nunmehr, dass beim Abschluss und der inhaltlichen Gestaltung städtebaulicher Verträge die Gleichbehandlung der in Betracht kommenden Vertragspartner der Gemeinde zu wahren ist. Eine unterschiedliche Behandlung von Vertragspartnern darf ihre Grundlage demnach ausschließlich in unterschiedlichen tatsächlichen Verhältnissen, wie insbesondere der Größe und Lage der betroffenen Grundflächen, deren bisheriger oder künftiger Verwendung oder ähnlichem haben. § 1a Abs 3 der Wiener Bauordnung sieht darüber hinaus ausdrücklich vor, dass die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte der Vertragspartner der Gemeinde zu wahren sind. Insbesondere darf demnach die Festsetzung oder Abänderung eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes nicht vom Abschluss einer solchen Vereinbarung abhängig gemacht werden. Umgekehrt besteht für einen privaten Investor oder Bauträger bei Abschluss eines städtebaulichen Vertrages jedoch auch kein rechtlicher Anspruch auf Umwidmung oder Erlassung eines bestimmten Flächenwidmungs und Bebauungsplanes. Die Wiener Bauordnung regelt zudem in § 1a Abs 4, dass städtebauliche Verträge schriftlich festzuhalten sind und jedenfalls • die Bezeichnung der Vertragspartner; • die Bezeichnung der Grundflächen, auf die sich die Vereinbarungen beziehen sowie deren Flächenausmaß; • die Festlegung der Leistungspflichten, zu deren Übernahme sich die Vertragspartner verpflichten; • die Fristen, innerhalb derer die vereinbarungsgemäßen Leistungspflichten zu erfüllen sind;
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