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32 architektur FACHMAGAZIN architekturszene Das Winterthur-Gebäude am Karlsplatz wächst – Bedroht eine Aufstockung die Karlskirche? Als Reaktion auf den Ausbau des Wien Museums will die Zürich Versicherung ihr Bürogebäude (auch als Winterthur-Haus bekannt) auf dem Karlsplatz sanieren und um zehn Meter aufstocken lassen – ein Vorhaben, das in den vergangenen Monaten sowohl bei Experten als auch in der Bevölkerung große Emotionen weckte und harsche Kritik einstecken musste. Von Interesse ist jener Bau aber nicht in erster Linie wegen seiner Architektur, sondern insbesondere aufgrund seiner Lage. Immerhin befindet sich dieser direkt neben einem der bedeutendsten historischen Bauwerke Wiens – der Karlskirche. Als Grund für den Unmut wird sowohl seitens der Bevölkerung als auch von Experten die Sorge, dass die Karlskirche ihre städtebauliche Wirkung als Landmark verlieren Im Rahmen eines eingeschränkten Architekturwettbewerbs wurden sieben Büros aus Österreich dazu aufgefordert, Vorschläge zur Neugestaltung des über 40 Jahre alten Gebäudes einzureichen. Voraussetzung war dabei, dass die Bedeutung der Karlskirche beim Entwurf der Konzepte entsprechend berücksichtigt wird. Als Sieger des Wettbewerbes ging schließlich das Architekturbüro Henke Schreieck Architekten ZT hervor. Vorgesehen ist nunmehr eine Aufstockung des Bürogebäudes um zwei weitere Etagen sowie ein zurückgesetztes Staffelgeschoss – die Bauarbeiten hierzu sollen recht bald Text: Dolores Stuttner – im Winter 2017/ Frühling 2018 – starten. Die geplanten Veränderungen brachten dem Bürogebäude einen Ruf als potenzielle Bausünde und Bedrohung für die Karlskirche ein. Dieser Meinung sind insbesondere die Mitglieder der Initiative „Rettet die Karlskirche“, welcher neben mittlerweile 5.800 Mitgliedern auch Persönlichkeiten wie Künstler Erwin Wurm, Architekt Friedmund Hueber und Kulturmanager Gerald Matt angehören. Die Mitglieder der Vereinigung sehen durch den Ausbau des Zürich-Gebäudes vor allem die Singularität und somit auch die Identität des Sakralbaus in Gefahr. Die Karlskirche als wichtige Landmark für Wien Um die Auswirkungen des geplanten Umbaus am Winterthur-Gebäude auf die Karlskirche hinreichend bewerten zu können, ist im Vorfeld die Frage zu klären, ob und wie ein Bauwerk dieser Dimension als Merkzeichen (Landmark) für das Ortsbild von Bedeutung ist. Als sogenannte Landmarks werden Bau- oder Kunstwerke im öffentlichen Raum verstanden, die einerseits zur Orientierung des Fußgängers dienen und andererseits für den betreffenden Bezirksteil prägend sind. Zusätzlich können diese für eine Stadt identitätsbildend sein und so zur Unverwechselbarkeit derselben beitragen – einige Bauwerke wie das Guggenheimmuseum in Bilbao oder der Eiffelturm in Paris sind als Landmarks deshalb auch weltweit bekannt. Das Schlüsselelement eines jeden Merkpunktes im Stadtraum stellt dabei dessen Singularität dar. Hierbei handelt es sich um Eigenschaften wie die unverwechselbare Gestaltung oder die Lage, welche dem Objekt seine Einzigartigkeit verleihen. Eine Landmark dient des Weiteren der optischen Gliederung des Stadtraumes. Da diese zumeist auch von großen Entfernungen aus sichtbar und eindeutig identifizierbar sind, sind diese für den Betrachter in dicht verbauten Gebieten richtungsweisend. Insbesondere Reisende sowie ortsunkundige Personen bedienen sich könnte, genannt. © Henke Schreieck Architekten


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