31 www.architektur-online.com architekturszene wenn auch nicht von außen sichtbaren Teil des Ausbaus wird ein unterirdisches Depot darstellen. Das Lager, welches unter dem Vorplatz des Wien Museum seinen Raum findet, soll der Verbesserung der Logistik im Haus dienen. Mit dem respektvollen Umgang der bestehenden Substanz sorgt das Team Winkler+Ruck und Certov dafür, dass der ursprüngliche Charakter des Gebäudes weitgehend erhalten bleibt. Während sich die Notwendigkeit einer Überholung des Bestandes nicht abstreiten lässt, so stellt sich doch die Frage, ob die geplante Aufstockung die beste Lösung für den Haerdtl-Bau darstellt. Nur wenig wurde der geplante Umbau des Wien Museum von Medien oder Historikern aufgegriffen und diskutiert. Somit mangelte es auch an einer ausreichenden Behandlung der Frage, ob der mit nur begrenzten finanziellen Mitteln errichtete Bau von Oswald Haerdtl immer noch schutzwürdig ist. Gleichzeitig ist verwunderlich, dass das Bundesdenkmalamt nicht in der 15-köpfigen Jury vertreten war und so kein Mitspracherecht bei der Auswahl des Siegerprojekts hatte. Das Ergebnis hiervon ist ein Entwurf, der sich in seiner ursprünglichen Form wahrscheinlich nicht realisieren lässt. Der bisweilen brutal wirkende Zubau könnte womöglich in puncto Statik zu Problemen führen. Denn bereits vor Ausschreibung des Wettbewerbes ließ das Bundesdenkmalamt verlautbaren, dass eine Aufstockung des Bestandsgebäudes als nicht möglich erachtet werde. Selbst die Sieger des Architekturwettbewerbes leugnen nicht, dass zur Realisierung der geplanten Maßnahmen eine bauliche Anpassung des Bestandsgebäudes notwendig sein könnte. Derzeit ist damit zu rechnen, dass zumindest das das Wien Museum so auch als Standort an Bedeutung gewinnen. Laut den Preisträgern ist eine sogenannte ‚Entrümpelung‘, die eine bessere Sichtbarkeit und Erreichbarkeit des Gebäudes gewährleisten soll, geplant. Im Rahmen der Ausgestaltung des Vorplatzes wird vor dem Ausstellungshaus außerdem die Errichtung eines Portalbaus angestrebt. Die von den zuständigen Architekten ‚als Geste der Handreichung‘ beschriebene Baumaßnahme, soll Passanten in das Museum leiten und gleichzeitig den Eingangsbereich desselben attraktiver gestalten. Zusätzlich wollen Certov und Winkler+ Ruck mit Sitzgelegenheiten zum Verweilen einladen und so für eine Belebung des Platzes sorgen. Unweigerlich stellt sich jedoch die Frage, ob der geplante Dachausbau des Museums inklusive Umgestaltung seines Vorplatzes tatsächlich die angestrebte ‚Lebendigkeit‘ gewährleisten wird. Bis auf die geplanten ‚Aufräumarbeiten‘ sowie die Schaffung von Sitzgelegenheiten treffen Certov mit Winkler+Ruck nämlich nur bedingt raumbildende Maßnahmen. Auch das Einplanen von Schatten spendenden Bepflanzungen wurde bei der Entwicklung des Entwurfes nahezu vollständig vernachlässigt. So wundert es nicht, dass auch Christian Kühn - Dekan der Studienrichtung Architektur an der TU Wien - das Projekt als ‚städtebaulich ziemlich wenig artikuliert‘ kritisiert. Immerhin birgt der öffentliche Raum vor dem Museum großes Potenzial, dessen Möglichkeiten im Plan von Certov, Winkler+Ruck bisher nicht umgesetzt wurden. Derzeit bleibt zu hoffen, dass das Siegerprojekt hinsichtlich des Konzepts für den Freiflächenentwurf noch ausgestaltet wird. So wäre es möglich, einen Schritt in Richtung Raumbildung zu machen, um dem Karlsplatz als Aufenthalts- und Freizeitfläche einen individuellen Anstrich zu verpassen. Stützsystem massiver als vorgesehen ausfallen wird, um den geplanten Höhenzuwachs von zehn Metern tragen zu können. Schade ist vor allem auch, dass die Stadt Wien die Gelegenheit, einen neuen, städtebaulich prägenden Museumsbau zu errichten, nicht ergriffen hat. Bereits mehr als zehn Jahre zeigt sich die Hauptstadt beim Bau von Ausstellungsgebäuden zurückhaltend und verzichtet auf ausgefallene Architektur. Dabei wäre es für Wien gerade im 21. Jahrhundert wichtig, im Kulturbereich Akzente zu setzen. Schafft der Ausbau eines Gebäudes Identität im öffentlichen Raum? Bei der Auswahl des Entwurfes wurde neben dem Konzept für das Wien Museum auf eine Idee für die Ausgestaltung des Vorplatzes Wert gelegt. Somit hatten die Projektwerber die Aufgabe, sich nicht nur mit einem neuen Design für den Kulturbau, sondern ebenfalls mit der Raumstruktur des Karlsplatzes auseinanderzusetzen. Im Zuge des sogenannten ‚Urban Renewal‘ soll ©Winkler, Ruck, Certov © David Bohmann
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