architekturszene Die Verbauung der Wiener Steinhofgründe Ein aussichtsloser Kampf um einen schützenswerten Erholungsraum? Obwohl die Verbauung der Fläche bereits 1981 in einer Volksbefragung abgelehnt wurde, ist die Wiener Stadtplanung immer noch der Überzeugung, dass das Gebiet auf der Baumgartner Höhe um ein paar Gebäude 44 reicher werden sollte. Während der letzten vier Jahre nahmen die Pläne zur Umgestaltung des Otto-Wagner- Spitals schließlich konkrete Formen an. Nicht weniger als 600 Wohneinheiten sollten von der GESIBA ursprünglich auf dem Gelände im 14. Wiener Gemeindebezirk geschaffen werden. Konkret wurde hierbei die Realisierung von teuren Luxus- Wohnungen, welche den heutigen Standort des Sozialmedizinischen Zentrums zum Prestige-Objekt machen sollte, angestrebt. Der forcierte Verbau der grünen Fläche wurde jedoch gestoppt. Die Stadt musste ihr Vorhaben nicht zuletzt aufgrund des Widerstandes von gleich zwei Bürgerinitiativen auf Eis legen. Durch Maßnahmen wie die ‚Lichterkette für die Erhaltung von Steinhof‘ machten über 65.000 Einwohner Wiens auf ihren Unmut aufmerksam. Einen Protest dieses Ausmaßes konnte die Politik nicht mehr ignorieren, sodass Bürgermeister Michael Häupl den Bau stoppte und das Konzept zur weiteren Überarbeitung bestimmte. Doch selbst nach einem monatelangen Mediationsverfahren wurden nur wenig zufriedenstellende Ergebnisse erzielt. Dies liegt in erster Linie daran, dass die Wiener Stadtplanung nicht von einem Projekt, welches den Neubau mehrerer Gebäude beinhaltet, abweichen will. Vier Architekturbüros haben Vorschläge zur zukünftigen Nutzung vorgebracht. Ausgewählt wurde schließlich ein Entwurf, welcher für das Ost-Areal den Zubau von elf Gebäuden, in denen voraussichtlich 160 Wohneinheiten realisiert werden, vorsieht. Über die genaue Nutzung der Objekte herrscht derzeit allerdings noch Uneinigkeit, wobei zuletzt die Idee geäußert wurde, in den neuen Gebäuden ‚Betreutes Wohnen‘ anzubieten. Doch auch der stark abgespeckte Plan löst bei den Bürgerinitiativen berechtigterweise keine Begeisterung aus. Dies liegt vor allem daran, dass dieser nicht vollständig durchdacht und somit lediglich als Mittel zur Besänftigung der Gemüter erscheint. Rettete die Bürgerinitiative den Steinhof? Das Otto-Wagner-Spital muss ungeteilt in öffentlichem Besitz bleiben! - so lautet das Hauptanliegen der Bürgerinitiative ‚Steinhof erhalten‘. Mit dieser Forderung wird die Befürchtung angesprochen, dass das Gelände nach dem Bau von Wohnobjekten der Allgemeinheit weitgehend vorenthalten wird. Erwähnenswert ist in diesem Kontext die Tendenz der Stadt Wien, aus öffentlichen Grünflächen einen, so genannten, halbprivaten Raum zu machen. Als halbprivate Grundstücke bezeichnet man Flächen, die zwar - rechtlich gesehen - von allen Personen betreten werden dürfen, aber die aufgrund der städtebaulichen Struktur in erster Linie den Anrainern zur Verfügung stehen. Hierunter fallen beispielsweise Wege, wie sie auch beim Versorgungsheim Lainz im 13. Wiener Gemeindebezirk geschaffen werden sollen. Das derzeitige Geriatriezentrum am Wienerwald, welches über eine ähnliche architektonische Struktur wie das Otto-Wagner-Spital auf der Baumgartner Höhe verfügt, wird ab 2015 nämlich zu einer Parkstadt umgeplant. Im Zuge der Neugestaltung soll das derzeit noch frei zugängliche Areal abgesperrt und die Bewohner Hietzings mit Durchgängen abgespeist werden – laut Bezirksvorsteher Heinz Gerstbach, handelt es sich hierbei um eine ‚akzeptable‘ Lösung. An diesem Beispiel lässt sich erkennen, dass die Befürchtung der Anrainer bezüg- Bereits seit mehr als 30 Jahren steht der Freiraumcharakter des Wiener Naherholungsgebiets der Steinhofgründe auf dem Spiel. Das Gelände beinhaltet nicht nur weitläufige Grünflächen und die 1907 eröffneten Gebäude des Sozialmedizinischen Zentrums Baumgartner Höhe, sondern auch die Otto-Wagner-Kirche als wichtiges Kulturerbe. Aufgrund der einzigartigen Struktur werden dem Areal von Experten mittlerweile schützenswerte Eigenschaften zugeschrieben. Wenn es nach der Stadt Wien geht, wird der einzigartige Charakter des Otto-Wagner-Spitals allerdings bald der Vergangenheit angehören. Text: Dolores Stuttner © Wolfgang Glock © Schaub Walzer
Architektur Fachmagazin April, Mai 2014
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