The High-Tech Park Bridge
Die perfekte Brücke.
The High-Tech Park Bridge / Beer Sheva / Bar Orian Architects
Ein Beispiel für eine Architektur, die eine überlegte Gestaltung abseits der üblichen Hochbaudomänen der Architekten beinhaltet, ist die High-Tech-Park-Bridge in Beer Sheva, Israel. Diese neue Fußgängerbrücke, die den High-Tech-Park mit der Tzafon Bahnstation (und damit auch mit der Ben Gurion Universität) verbindet, ist offiziell erst am 12. Juni dieses Jahres eröffnet worden.
Seit der Gründung des Parks war ein Problem viru-lent: Das Gelände lag zwar nur wenige Meter, also in fußläufiger Distanz zur Bahnstation und den daneben liegenden Parkplätzen, war aber davon durch die Bahnlinie getrennt. Ankommende Mitarbeiter und Angestellte sahen ihren Arbeitsplatz in (fast) greifbarer Nähe, mussten aber mit Taxis oder Bussen einen langen Umweg durch die angrenzende Nachbarschaft in Kauf nehmen, um wirklich an ihr Ziel zu gelangen. Dieses Problem war der Gemeinde seit Gründung und Errichtung des Parks bekannt und deshalb schrieb man einen Entwurfswettbewerb für die „perfekte Brücke“ aus. Sie sollte nicht nur das Problem des Zutritts für Fußgänger und Radfahrer lösen, sondern auch ein Wahrzeichen für den Technikpark und ein Symbol in der sich im Norden der Stadt entwickelnden Landschaft werden. Viele Firmen beteiligten sich an der Ausschreibung, gewonnen wurde sie von Bar Orian Architects in Zusammenarbeit mit Rokach-Ashkenazi Consulting Engineers.
Mit einer Länge von 210 Meter ist die Stahlbrücke schon jetzt ein regionaler Bezugspunkt geworden: Sie spannt sich über die Eisenbahngeleise von der Realität des Bahnhofs in den Bereich zukünftiger Innovationen. Der Entwurf der Brücke beinhaltet über 200 verschiedene Stahlträger und -verbindungen, sie machen die einzigartige Geometrie aus. Vier Strahlbögen – gebogen und in sich verdreht und gewunden – schaffen zwei große, linsenförmige Öffnungen mit 110 und 70 Meter Spannweite. Der Entwurfsansatz war, eine Struktur zu schaffen, die nicht einfach zwei Enden miteinander verband, sondern ein architektonisches Element darstellen sollte und Bewegung und Wandel symbolisieren.
Die Seiten der Brücke werden von je zwei linsenförmigen Augen definiert. Die überdachte Konstruktion und die Geländer schaffen einen geschützten Raum für Fußgänger und Radfahrer, sie begeben sich auf eine „exklusive“ und experimentelle Reise bei der Überquerung. Bei jedem Schritt ergeben sich neue, überraschende Formen, Materialzusammenstellungen und Ausblicke auf die Umgebung.
Die Eindeckung sorgt für Schutz vor der Sonneneinstrahlung, Regen und Sand sowie Wind. Seitlich ist sie geöffnet, um den Ausblick freizugeben und auch eine Durchlüftung zu ermöglichen. Fußgänger und Radfahrer benützen Aufzüge, Stiegen oder Rolltreppen, um von der Straßenebene auf die überdachte Gehfläche zu gelangen.
Trotz der großen Spannweite und nur einer Unterstützung wirkt die Konstruktion (vor allem aus der Luft betrachtet) leicht und filigran. Wie ein feines Spinnennetz liegt sie über den Bahngeleisen und bietet eine brauchbare und bequeme Verbindung zwischen dem Technologiepark und der Zugstation. Sie ist das Resultat der Spannung aus zwei Auflagepunkten an ihren beiden Enden und der einzigen Säule auf einem Bahnperron. Die Brücke versinnbildlicht auch die Bewegung, die etwa am Design der verdrehten Bögen abgelesen werden kann, ebenso wie durch die ständige Bewegung der unter ihr durchfahrenden Züge. Die eher expressive Tragstruktur wurde sichtbar gelassen, statt sie mit einer Verkleidung zu verbergen.
Das Beleuchtungskonzept der Brücke ist stark von ihrer Architektur abhängig. Es ging dabei nicht darum, bei Tag oder Nacht unterschiedliche Eindrücke zu erzielen, sondern das Licht ist das Ergebnis eines Entscheidungsprozesses, was in der Nacht zu sehen und beleuchtet sein sollte. Bei Nacht scheint die Brücke zu schweben, um die Züge unter ihr passieren zu lassen. Die Lichtteile sind allesamt in die Struktur integriert und nicht augenfällig. Sie schaffen einen Rhythmus, der den dynamischen Charakter der Struktur bei Nacht verstärkt. Trotz eines starken Bedürfnisses nach Sicherheit während der Nacht ist hauptsächlich die Tragstruktur beleuchtet, und so bietet sich immer noch eine eher entspannte und intime Atmosphäre auf der Gehfläche.
High-Tech Park Bridge
Beer Sheva, Israel
Bauherr: Municipality of Beer Sheva
Planung: Bar Orian Architects
Statik: Rokach-Ashkenazi Consulting Engineers
Planungsbeginn: 2011 – 2013
Bauzeit: 2013 – 2016
Fertigstellung: 2016
Fotos: ©Amit Geron
Text: rp