Neues Pensionssystem für Architekten und Ziviltechniker
Christian Aulinger ist Architekt, 1964 in Graz geboren und hat an der TU Graz Architektur studiert. Als Gründungsmitglied der IG Architektur – die eigentlich aus Protest gegen die Kammer entstand – ist er seit kurzem nun Bundesvorsitzender der Architekten in der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten. architektur sprach mit Christian Aulinger über seine Absichten bei der Neustrukturierung der Kammer und erfuhr eine kleine Sensation im Pensionsrecht für Architekten und Ziviltechniker.
Sie sind der Vorsitzende der Bundeskammer, können Sie bitte kurz die Struktur der Architektenkammer erklären?
Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten ist getrennt, in eben diese zwei Sektionen. Jede Sektion hat – egal ob auf Bundes- oder Länderebene – einen Vorsitzenden. An der Spitze sitzt der Präsident der Bundeskammer, Arch. Georg Pendl. Die Kammer ist nicht die ‚Architektenkammer‘, sie ist immer dieses Konglomerat aus Architekten und Ingenieurkonsulenten. Die Kammer ist strukturell so aufgebaut, dass es eine Bundeskammer und vier Länderkammern gibt. Die Länderkammern umfassen immer mehrere Bundesländer. Theoretisch sitzt
darüber die Bundeskammer, die alle jene Bereiche bespricht und behandelt, die bundesweite Gültigkeit haben oder haben sollten: Vertragswesen, Wettbewerbswesen, etc. Die Länderkammern sollten jene Bereiche abdecken, die eben auf regionaler Ebene Relevanz haben. Die Länderkammern und die Bundeskammer wissen aber eigentlich noch immer nicht genau, wer wem was erzählt und vorschreibt.
Es haben sich sozusagen gewisse Selbstständigkeiten entwickelt?
Ja, genau. Jetzt möchte ich da einhaken und zu einem Punkt kommen, der wichtig ist: Im Moment ist meiner Meinung nach die Bundeskammer sehr gut aufgestellt. Es war noch nie eine derartige Einigkeit erkennbar.
Wie drückt sich diese Einigkeit aus?
Das ersieht man darin, dass wir einen Riesenschritt bei der Überleitung der WE (Wohlfahrtseinrichtung der Kammer) – die ja ein eigenes Pensionssystem, in das alle Ziviltechniker einzahlen müssen, hat – in die FSVG (Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbstständig Erwerbstätiger) gemacht haben. Wir haben in der Kammer einen Satz von 24,5 % als Bemessungsgrundlage und das ist im Vergleich mit sämtlichen anderen Pensionssystemen wesentlich höher. Jetzt werden wir ins FSVG übergeleitet. Das wird zu vielen, sehr positiven Effekten für uns führen. Dass das nach 10 Jahren Streit auch innerhalb der Kammer gelungen ist, ist ein in der Dimension kaum abschätzbarer Schritt.
Warum kam es zu dem Streit, wer konnte da dagegen sein?
Es herrschte sehr lange Uneinigkeit, ob es nicht besser sei, ein kleines feines privates System selber zu führen, statt am Staat zu hängen. Auch mit den Bedingungen, die der Staat dann eben diktiert.
Was ist jetzt besser an diesem System, warum sollte man nicht beim eigenen System bleiben?
Besser ist folgendes: Alle Pensionssysteme in Österreich werden durch staatliche Zuschüsse gestützt, ausgenommen das System der Architekten und das der Rechtsanwälte. Wir waren die Einzigen, die keine Unterstützung bekommen haben, obwohl alle Ziviltechniker selbstverständlich auch Steuern zahlen. Das war ein Punkt, wo manche schon eine verfassungsrechtliche Klage überlegt haben. Unser System kann sich nicht ausgehen, weil ich den Prozentsatz der staatlichen Zuschüsse abziehen muss.
Das zweite riesige Problem war die Harmonisierung der Pensionsversicherungszeiten. Das WE System, das wir jetzt noch haben, hat die Jahre in einem staatlichen Pensionsversicherungssystem nicht anerkannt. In einem staatlichen System habe ich aber erst nach 15 Jahren einen Pensionsanspruch.
Das heißt, dass einem Architekten eventuell 14 Jahre Pensionseinzahlungen, die er in einem staatlichen System geleistet hat, verloren gehen konnten?
Ja, genau! Schon das System in sich hat ein paar Jahre Pensionsverlust bedeutet – außer man zahlt gleichzeitig in zwei Systeme ein, bis man die 15 Jahre zusammen hat. An den Beträgen, die für den Nachkauf von Pensionsversicherungszeiten anfallen, kann man erkennen, was das tatsächlich für einen Verlust bedeutet. Im FSVG werden wir dann 20 % bezahlen, jetzt sind es 24 %. Das ist schon ein Unterschied.
Diese Überleitung ist jetzt so gut wie abgeschlossen: Es sind alle Gesetze verhandelt, die Texte sind geschrieben, Ende November ist das Gesetz im Ministerrat und am 5. Dezember im Parlament. Ab 1. Jänner 2013 sind alle Ziviltechniker im FSVG versichert.
Wie schaut Ihr Plan der Neustrukturierung der Bundeskammer aus?
Ich bin Vorsitzender einer Arbeitsgruppe, die sich mit der Neustrukturierung befasst. Unser Vorschlag ist, dass man die beiden Sektionen, die am Anfang beschrieben wurden und die immer zwei Blöcke darstellten, auflöst. Dann soll eine themenbezogene Struktur, eine Ressortstruktur geschaffen werden.
Welche Anliegen haben Sie nun in den nächsten Jahren für die Kammer?
Das erste ist die Strukturreform. Ein Leitthema wird für mich ‚leistbares Wohnen‘ sein. Wir können und müssen als Kammer verstärkt gesellschaftspolitische Positionen beziehen. Wir haben eine gewisse gesellschaftspolitische Verpflichtung. Die OIB (Österreichisches Institut für Bautechnik) Richtlinien als quasi 10. Bauordnung – die an und für sich gute Zeilen beinhalten – haben in den letzten Jahren zu einer eklatanten Verteuerung des Bauens geführt. Die Erhöhung der Brandschutzziele – sicherlich mit der Absicht mehr Sicherheit zu bringen – hat bis jetzt noch kein Bauwerk verbilligt. Manche sogar verhindert. Eine politische Forderung von mir ist, dass die OIBs evaluiert werden müssen. Ein wesentlicher Punkt im Zusammenhang mit ‚leistbarem Wohnen‘ ist die Zweckbindung der Wohnbauförderung. Dieses Geld darf kein ‚Spielgeld‘ der Länder sein. Das dritte Thema ist das Wettbewerbswesen, das als System weitergeführt und gepflegt werden soll. Und das vierte Thema ist das Honorarwesen. Unsere Honorarsysteme sind ja so nicht mehr anwendbar.
Warum nicht?
Die Gebührenordnung, die bis vor ungefähr 15 Jahren als bindend – auch wenn sich viele Kollegen nicht daran gehalten haben – verstanden wurde, wird auf europäischer Ebene untersagt, weil es eine Kartellbildung darstellt.
Wir als Berufsvertretung können Leistungsbeschreibungen herstellen, um speziell den jungen Kollegen etwas in die Hand zu geben. Wir können auch Zeitrahmen vorgeben, für verschiedene Entwurfs- und Auftragsgebiete. Wie viel die Kollegen dann als Stundensatz einsetzen – das bleibt ihnen überlassen.
Kategorie: Nachrichten