Wunderland im Urwald – AZULIK Art Center

28. Februar 2019 Mehr

AZULIK Art Center – AZULIK Uh May / Mexiko / Roth (Eduardo Neira), Fernando Artigas and Jorge Berea

Wenn in Österreich einem Neubau auch nur ein Baum zum Opfer fallen soll, sind sofort Bürgerinitiativen, Umweltschützer etc. zur Stelle, ketten sich an den Baum und sind sich der gewaltigen, medialen Aufregung über den Baummord und ihre Initiative sicher. In den lateinamerikanischen Urwäldern werden jährlich auf tausenden Quadratkilometern Bäume gefällt, des Profites wegen. Initiativen zur Bekämpfung dieses Raubbaues an unserer Umwelt gibt es genug.

 

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Statt zu jammern und zu reklamieren, soll nun einmal eine etwas andere Initiative beschrieben werden: Eduardo Neira (studio Roth), der CEO, Gründer von AZULIK und Präsident von Enchanting Transformation, setzt seit Jahren Taten. Seit 10 Jahren richtet er in Mexiko seine Aufmerksamkeit auf einen konstanten Dialog zwischen Einheimischen und künstlerischen Kommunitäten, um deren integrale Entwicklung zu fördern. Mit jedem seiner Projekte verstärkt er Bemühungen zum Erhalt lokaler Kultur und Landschaft und die Wiederentdeckung der längst vergessenen Werte verschiedenster Interaktionsformen beim und zum Schutz der Umwelt. Dieses, sein Interesse fokussiert sich dabei auf Forschung und Entwicklung durch Kunst als eine Reflexion über das menschliche Wesen und seinen Einfluss auf unseren Planeten.

 

Sein neuestes Projekt, das AZULIK Art Center im Dschungel von Mexiko wurde erst im November 2018 eröffnet. Sein Erscheinungsbild drückt sich in nachhaltigen, biomorphen Betonvolumina und schwebenden Brücken, die völlig natürlich aus der Substanz und der Umwelt zu wachsen scheinen, aus. Er hat eine Art Wunderland in den mexikanischen Dschungel als Kunstzentrum eingepflanzt. Es befindet sich in Francisco Uh May im Herzen der Halbinsel Yucatan und soll nun seit seiner Eröffnung als Kunstraum und Designschule, Künstler mit der örtlichen Bevölkerung der Maya in Kontakt bringen. Interessant an dem Projekt ist auch, dass das Team in Yucatan völlig ohne Pläne baut: Es gibt keinen Grundriss, Lageplan oder sonstiges. Nicht einmal Entwurfsskizzen sind zu finden, es ist ein Building in Progress mit ad hoc Entscheidungen über den nächsten Schritt.

 

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Ein Kunst- und Lehrzentrum der besonderen Art hat Eduardo Neira, Präsident der Stiftung Enchanting Transformation im Urwald von Mexiko errichtet. Es wurde kein einziger Baum dafür auf der Baustelle gefällt, kein einziger Plan gezeichnet und die antroposophische Architektur verbindet sich wie organisch mit der Umwelt – Natur und Architektur wachsen zusammen.

 

Polierte Zementoberflächen, welche an die anthroposophischen Architekturexperimente von Rudolf Steiner oder erste Anfänge der sogenannten Alternativarchitektur in der Hippiezeit in Amerika erinnern, wellen und schlingen sich hier von Ebene zu Ebene. Verbunden sind sie mit – aus dem Holz der einheimischen Bejucopflanze – geflochtenen Böden und schwankenden Verbindungsstegen. Diese menschgemachten Strukturen besitzen holzähnliche Überdachungen und scheinen so natürlich und integriert, als ob sie mit dem Dschungel mitgewachsen wären. Die verschiedenen Bereiche/Räume sind durch freischwebende Brücken und Pfade, die sich durch die Bäume schlängeln, verbunden, und es wurde für das Projekt kein einziger Baum gefällt, sondern mit und um diese Bäume herumgebaut.

 

In seinem Zentrum ist ein 16 Meter hoher Dom aus Beton und Bejucohölzern errichtet, gekrönt von der „Blume des Lebens“, einer geometrischen Form aus überlappenden, konzentrischen Kreisen in der Form eines Blütenkelches angeordnet. Die Proportionen beruhen auf einer Fibonacci-Reihe (ein italienischer Mathematiker namens Leonardo of Pisa, auch Fibonacci genannt). Die gesamte Architektur von AZULIK Uh May ist eine erfrischende und innovative Kombination aus vor Ort erhältlichen Materialien und Organik, alles dient dazu, den CO2 Footprint zu verringern.

 

Der vielschichtige Komplex beinhaltet eine Reihe von Räumen für Kreativität und Innovation, ein Labor für Mode und Design, ein modernes Aufnahmestudio und Wohnmöglichkeiten für diverse Künstler. In seinem Herzen konzentriert man sich auf die universelle Sprache der Kunst und das Handwerk um die Maya-Bevölkerung mit Künstlern, internationalen Studenten und Schülern in Kontakt zu bringen. Eine in die Struktur eingebettete Schule versucht westliche Medizin mit den Tausende Jahre alten Heilmethoden der Maya zu verbinden.

 

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Polierte Betonflächen winden sich um Bäume herum, als ob sie auch gewachsen wären und der Natur ihre Ehrerbietung weisen würden.

 

Es ist das neueste Projekt von Eduardo Neira, der auch schon das AZULIK Luxus Resort Tulum und das danebenliegende Kunstzentrum IK LAB initiiert hat. Alle diese Projekte und ihre Architekturen versuchen sensibel mit der Umwelt, mit den lokalen Ökosystemen umzugehen. So umarmen die Strukturen die bestehende Vegetation, statt sie zu verdrängen oder zu ersetzen.

Man kann auch hier den Versuch alt und neu zu verbinden erkennen. Denn auch die Natur des Urwalds ist viele Jahre alt und die Menschen bringen Neues mit ihr in Verbindung, aber eben nicht in Konkurrenz, sondern in einer gleichberechtigten Koexistenz.

 

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Ernesto Neto, Every Tree is a Civilizing Entity

 

AZULIK Uh May

Francisco Uh May, Mexiko

Bauherr: Roth (Eduardo Neira)

Planung: Roth (Eduardo Neira), Fernando Artigas and Jorge Berea

Grundstücksfläche: 40.000 m2

Fertigstellung: 10/2018

 

Ein Kunst- und Lehrzentrum der besonderen Art hat Eduardo Neira, Präsident der Stiftung Enchanting Transformation im Urwald von Mexiko errichtet. Es wurde kein einziger Baum dafür auf der Baustelle gefällt, kein einziger Plan gezeichnet und die anthroposophische Architektur verbindet sich wie organisch mit der Umwelt. Natur und Architektur wachsen zusammen.

 

Text: ©Peter Reischer

Fotos: © Enchanting Transformation 2018

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Kategorie: Projekte