Wohnen wie ein Parasit

23. März 2020 Mehr

Das ecuadorianische Architekturbüro El Sindicato gestaltet mit der Casa Parásito ein Mikrohaus, das seinem Namen alle Ehre macht. Wie ein Parasit setzt es sich auf bestehende Strukturen und bietet die Möglichkeit, dicht gebauten Stadtraum nach oben zu erweitern. Auf diese Weise entsteht ein System, das alte und neue Architektur miteinander verbindet. Anstatt einander zu ersetzten geht man eine Symbiose ein, von der beide Seiten profitieren.

 

 Casa Parásito

 

Die Voraussetzungen für die Installation einer Casa Parásito sind simpel – es braucht nur einen bestehenden Bau mit Flachdach und dessen Installationen. Der Prototyp des kleinen Hauses befindet sich in Quito auf dem Dach einer Lagerhalle. Dort dockt er, wie ein echter Parasit, mit Abfall-, Wasser und Stromnetz an die Infrastruktur seines Wirts an und bietet weite Ausblicke über die südamerikanische Metropole.

 

 Casa Parásito

 

Mit seiner simplen Holzkonstruktion lässt sich das Projekt an verschiedensten Orten positionieren. Stahlfundamente verankern das Haus mit dem Bestandsbau. A-Rahmen bilden das strukturelle Gerüst des Mikrohauses und bieten Platz für die 12 cm dicke Kokosfaserdämmung. Darüber legen sich die stark geneigten Dachflächen, die in Metallpaneelen ausgeführt sind. Sie ziehen sich seitlich bis zum Boden und schützen vor Wind und Wetter. Die beiden Querfassaden sind komplett verglast – eine bietet Ausblick nach draußen, die andere sorgt, in Milchglas gefertigt, für Privatsphäre. Die Glasflächen bringen viel Tageslicht ins Innere und werden von der zu beiden Seiten 80 cm überstehenden Dachhaut vor direkter Sonneneinstrahlung abgeschirmt.

 

 Casa Parásito

 

Auf gerade einmal 12 m2 gibt es in der Casa Parásito alles, was man alleine, oder als Pärchen zum Wohnen, Arbeiten und Schlafen braucht. Die stehenden Aktivitäten konzentrieren sich auf den Kern des 2.5 x 3.6 m
kleinen Innenraums. Rundherum ordnen die Architekten mit Küchenzeile, Tisch, Regalen und Nasszelle die Einbauten kompakt entlang der Außenwände an. Dadurch verleihen sie dem kleinen Haus zusätzliche Stabilität. Ein Zwischenboden macht den spitz zulaufenden Giebel als Schlafbereich mit Blick auf die Stadt nutzbar. Sämtliche Oberflächen des multifunktionalen Raums kleiden OSB-Platten und schaffen eine gemütliche Atmosphäre auf kleinster Fläche. Das Mikrohaus demonstriert einen kosten- und ressourcenschonenden Weg für den Umgang mit Bestand und Neubau und wie sich beide mit gezielter Planung wunderbar ergänzen.

 

 Casa Parásito

 

Text: Edina Obermoser
Fotos: Andrés Villota, El Sindicato Arquitectura

Kategorie: Projekte