Residential Church XL – Zecc Architecten
„Gott sei Dank“ ist es heute immer weniger üblich, ehemalige Kirchen einfach abzureißen. Viele der Bauwerke stehen bereits unter Denkmalschutz, und so wird mit einer Umwidmung ein Weg beschritten, um den Verfall und das lange Leerstehen der ausgedienten Gotteshäuser zu verhindern. Der Fall der St. Jakobuskerk war ein Beispiel, wie ein ehrwürdiges Monument mit wenigen Eingriffen wieder aufgewertet und in Wohnraum verwandelt werden konnte.
Die Kirche steht eher unspektakulär etwas zurückgesetzt in einer Hausreihe in der Bemuurde Weerd in der Stadt Utrecht. Gottesdienste wurden in ihr seit 1991 keine mehr abgehalten, und seit 2007 wurde sie als Showroom für antike Möbel verwendet. Ebenso als Versammlungssaal und für kleine Konzertveranstaltungen. Um diesen Funktionen zu entsprechen, hatte man in den 1990er-Jahren eine geräumige Zwischenebene eingezogen. Diese Ebene stellte nun einen wichtigen, ausschlaggebenden Faktor für den Prozess der Umgestaltung dar. Die neuen Besitzer beauftragten die Zecc Architecten mit dem Umbau unter den Prämissen, so wenig wie möglich in die ursprüngliche Substanz der Kirche einzugreifen und doch Wohnräume samt Nebenräumen zu schaffen.
Mit einigen wenigen, aber substanziellen Veränderungen an der Zwischenebene gelang es den Architekten, räumliche Qualitäten in der Kirche wieder zurückzugewinnen. Eigentlich wurden nur Teile der Ebene entfernt, so entstanden interessante Sichtlinien und -verbindungen.
Es kann dadurch auch mehr Licht in die bodennahen Zonen geleitet werden, da die alten Kirchenfenster relativ hoch liegen.
Der moderne/neue Wohnraum ist komplett vom alten Gebäude separiert. Er kann quasi als zeitlich begrenzte Wohnung in einer historischen Kirche betrachtet werden. Unter der modifizierten Decke des Zwischengeschoßes entstanden Schlafräume, Badezimmer und ein Arbeitsbereich. Indirektes Tageslicht erhalten diese Räume durch die Öffnungen in der Decke und in den Wänden. Die Aussparungen in der Decke wirken wie Innenhöfe, und gleichzeitig teilen und organisieren sie auch den Wohnbereich im „1. Stock“ in verschiedene Nutzungsbereiche. So wandelte sich die unansehnliche Zwischendecke der 1990er-Jahre in eine räumlich-monumentale begeh- und benutzbare Skulptur. Der umliegende Raum windet und schlängelt sich durch das Volumen des Kirchenschiffes und verbindet den offenen Eingangsbereich mit dem hinteren Teil des Kirchenraumes – hier stand früher der Altar. Im hinteren Teil ist auch die Küche untergebracht, wobei der Küchenblock freistehend ist. Für den Essbereich – neben der Küche – wurden alte Kirchenbänke als Sitzgelegenheiten wiederverwendet.
Um die Beziehung und Verbindung mit dem kleinen Garten hinter der Kirche zu intensivieren, wurden drei neue, zusätzliche verglaste Öffnungen in diesem Teil des Raumes geschaffen. Sie verstärken auch den Tageslichteinfall beim Essplatz. Diese glatten Glasflächen unterscheiden sich deutlich von den anderen Fenstern in der Kirche. Sie bilden einen Kontrast und gleichzeitig eine Reminiszenz an die „alte Zeit“ der kunstvoll gefertigten Bleiverglasungen der Spitzbogenfenster, durch die Tages- und Naturlicht in den Innenraum gelangt.
Der alte Holzfußboden wurde erhalten und restauriert, ebenso wurden die schönen alten Türen ausgebessert und weiterverwendet. Alle Säulen, Ornamente und Stuckverzierungen sind erneuert worden und stellen sozusagen historische „Zitate“ dar.
Die neuen Einbauten und raumteilenden Elemente wirken skulpturhaft, glatt und zeitlos. Wenn man sich im Inneren aufhält, ist manchmal der monumentale Raumeindruck dominant, und in anderen Momenten überwiegt der neue „Look“ einer modernen, belebten Kirche als Wohnraum.
An der Außenseite ist die Kirche komplett erhalten. Die außergewöhnliche Qualität dieses Projektes entsteht auch durch das Konzept, nur einen Nutzer für die Wohnung im Inneren vorzusehen. Es wäre auch möglich gewesen, den Innenbereich entsprechend zu teilen und mehrere Wohneinheiten unterzubringen. Das hätte aber die Großzügigkeit des Raumvolumens gestört und außerdem eine mögliche zukünftige Änderung der Nutzung verhindert. So ist es möglich, später eine Bibliothek, ein Büchergeschäft, ein Museum oder vielleicht sogar wieder eine Kirche zu etablieren!
Bauherr: Privat www.woonkerkxl.nl
Planung: ZECC Architekten BV www.zecc.nl
Mitarbeiter: Marnix van der Meer, Bart Kellerhuis, René de Korte, Steven Nobel
Statik: Rietveld interieurbouw b.v.
Bebaute Fläche: 475 m²
Planungsbeginn: 2007
Fertigstellung: 2009
Kategorie: Projekte