Tödliche Architektur – Bangladesch

31. Dezember 2018 Mehr

Am 24. April 2013 stürzte in Sabhar, Bangladesch, das achtgeschossige Rana Plaza ein und begrub 1127 Menschen unter sich. Im Gebäude waren mehrere Textil­firmen und Geschäfte untergebracht. Am Vortag waren im Gebäude Risse festgestellt worden. Ein örtlicher Ingenieur empfahl, das Gebäude bis zur Behebung der Schäden geschlossen zu lassen.

 

Dhaka_Savar_Building_Collapse

Foto:©Wikipedia

 

Ungeachtet dessen befanden sich am 24. April mehr als 3.000 Menschen im Gebäude, größtenteils Arbeiterinnen der Textilfabriken. Unter Androhung von Lohnkürzungen wurden sie dazu gedrängt, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Widerwillig begaben sie sich um 8.45 Uhr an ihren Arbeitsplatz. Bereits gegen 9.00 Uhr kam es zum ersten Stromausfall an diesem Tag, sodass die Generatoren auf dem Dach des Gebäudes ansprangen und wie üblich Vibrationen durch das Gebäude schickten. Diese Schwingungen waren stärker als sonst und versetzten die Arbeiter in Panik. Sie versuchten das Gebäude zu verlassen, doch bevor sie den Ausgang erreichten, stürzte das oberste Stockwerk auf das darunterliegende, das wiederum nachgab und das darunterliegende zum Einsturz brachte. In weniger als einer Minute kollabierte das komplette Gebäude.

Eine forensische Analyse konnte anhand von Fotos einen bestehenden Riss am Gebäude nachweisen. Wie ein Fingerabdruck sind Risse einmalig und können nicht reproduziert werden. Risse gehen dorthin, wo sie auf den geringsten Widerstand stoßen, also dorthin, wo die Struktur am schwächsten ist. In einem Ende Mai 2013 veröffentlichten 400 Seiten starken Untersuchungsbericht wurden folgende Gründe für den Einsturz aufgeführt: Der für das Gebäude verwendete Beton enthielt zu viel Sand. Aus Kostengründen wurde außerdem weniger Stahl im Beton verwendet, wodurch der Beton anfälliger bei Belastungen wurde. Außerdem war das ursprünglich auf vier Stockwerke konzipierte Gebäude hauptsächlich für den Einzelhandel und Büroräume konzipiert. Dann wurden dem Gebäude ohne Genehmigung vier weitere Stockwerke hinzugefügt, in die Textilfabriken einzogen. Diese Fabriken brachten mit ihren Maschinen zusätzliche Lasten, für die das Gebäude nicht konzipiert war. Hinzu kamen die Dieselgeneratoren auf dem Dach des Gebäudes, die zur Notstromversorgung benötigt wurden. Der Bericht empfahl eine lebenslange Haftstrafe für den Besitzer des Rana Plaza, der durch Korruption und Nichtbeachtung von Bauvorschriften für den Gebäudeeinsturz verantwortlich war.

Text:©Andreas Karweger, Peter Reischer

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Kategorie: Magazin