Rosa Kieselsteine – Kirche in Fuzhou

6. Mai 2019 Mehr

Während der „Kulturrevolution“ unter Mao Zedong war in China jede Religionsausübung verboten. Doch insgeheim lasen viele Christen trotzdem die Bibel oder feierten geheime Gottesdienste. Nach dem Ende der Kulturrevolution 1976 bekamen die Kirchen wieder vermehrt Zulauf.

 

Kirche Mao Zedong

 

So auch die methodistische Huaxiang Gemeinde, die im Jahre 1938 ihre erste Kirche im Zentrum der südchinesischen Stadt Fuzhou errichtete. Damals überragte der Turm weithin das Häusermeer, heute ist die kleine Kirche erdrückt von Shoppingmalls, Hochhäusern und Glaspalästen. Das, und der der dringend benötigte Raum für den Gottesdienst waren die Gründe für einen Neubau, ein Gemeindezentrum unmittelbar neben dem alten Gebäude.

 

Das in historischer Nachbarschaft gelegene Grundstück unterlag vielfältigen behördlichen Flächen- und Höhenbeschränkungen. Aufgrund der umgebenden Bebauung war die Sichtbarkeit des künftigen Gebäudes auf die oberen Ebenen beschränkt. Schlussendlich ging es auch darum, inmitten der Ansammlung östlicher und westlicher Architekturen eine klare Positionierung und selbstbewusste Formensprache zu zeigen.

Und das ist Architekt Dirk U. Moench vom Büro INUCE auch gelungen. Der neue Körper passt sich durch seine Faltungen und Gliederungen der Proportion der alten Kirche an. Er ist praktisch ein Mediator zwischen alt und neu. Hoch beginnend fällt das Gemeindezentrum zum Bestandsbau immer weiter ab, wodurch der Glockenturm exponiert wird und der Eindruck einer organisch gewachsenen Stadtsilhouette entsteht.

 

Kirche Fuzhou

 

Als Kontrast zu den Glanz und Macht ausstrahlenden Spiegelfassaden der umliegenden Malls, hat die Kirche eine Haut aus roten Kieselsteinen, die mittels einer traditionellen Putztechnik angebracht wurde. Diese Technik verleiht der Oberfläche einen haptischen Touch, eine Wärme, eine Menschlichkeit, fordert zum Angreifen und Berühren auf. Im Umfeld der architektonischen Spitzenleistungen tritt sie durch eine Bescheidenheit hervor.

 

Bei diesem Konzept der Architektur spielen auch die Dachflächen eine zentrale Rolle: Sie sind als öffentlich zugängliche Freilicht-Amphitheater konzipiert und ermöglichen es der Gemeinde, Gottesdienste unter freiem Himmel abzuhalten. Von den benachbarten Gebäuden aus gesehen, bilden die Amphitheater jedoch eine dramatische Bühne urbanen Ausmaßes, auf welcher die Gemeinde sich selbst darstellen kann.

 

Fotos:©Shi Kai

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Kategorie: Magazin