Design und Wiener Schnitzel – breadedEscalope Design Studio
breadedEscalope, das sind Sascha Mikel, Michael Tatschl und Martin Schnabl. Gemeinsam haben sie 2008 ihr Design-Studio mit Basis in Wien gegründet. Man könnte aber auch sagen „breaded escalope“ ist ein Wiener Schnitzel. Oder korrekter: die englische Übersetzung für Wiener Schnitzel. Den wenigsten ist diese Bezeichnung vertraut, gibt es doch diese österreichische Spezialität in der uns bekannten Form im Ausland kaum. Zum ersten Mal begegnet ist dieses Wort den drei Kreativen aus Kärnten in einem deutschen Restaurant auf einer internationalen Speisekarte.
Das an sich wäre, neben der lustigen Phonetik, noch kein Grund, ein Büro danach zu benennen. Aber 2004 waren die drei angehenden Jungdesigner noch im Rahmen ihrer Schulausbildung auf der Industriemesse in Hannover, auf der sie auf einem Gemeinschaftsstand von Kärntner Unternehmen fiktive Designprojekte präsentierten. Die Idee der drei kreativen, einfallsreichen Freunde fand Anklang, und eine Realisierung wurde in Aussicht gestellt. Beim darauffolgenden Besuch in besagtem Restaurant wurde dieser Erfolg gefeiert, und selbst die Speisekarte inspirierte zu Zukunftsträumen. Das Wiener Schnitzel – breaded escalope – ist etwas typisch Österreichisches, und der Designgedanke wohnt dem Schnitzel sozusagen naturgemäß inne, ist doch die Panier als nichts anderes als ein goldfarbenes Ornament zu sehen, welches den Inhalt optisch und geschmacklich aufwertet. Mit der englischen Bezeichnung war auch internationales Verständnis gleich von Anfang an gesichert.
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Masterarbeit in London
Bei der Expo 2005 in Japan war es dann so weit: Die Idee von breadedEscalope war Teil des Österreich-Pavillons von trecolore architects. Im Eingangsportal integriert war das neue Zugangsregelungselement, welches auf ein herkömmliches Drehkreuz verzichten konnte und im Falle einer Massenpanik niemanden zusätzlich verletzen würde. Dieser Verwirklichungserfolg ermunterte die drei Kärntner, sich unmittelbar nach Schulabschluss
2006 gemeinsam an der Kingston University London zu bewerben. Im darauffolgenden Bewerbungsgespräch wurde seitens der Kingston University angesprochen, dass die ungewöhnliche gemeinsame Bewerbung zwar erfolgreich war, aber dass alle dennoch immer auch Einzelprojekte entwickeln
müssten. breadedEscalope wussten zwar bereits zu diesem Zeitpunkt, dass sie ihren gemeinsamen Designerweg weitergehen wollten, aber eine individuelle Ausbildung ist natürlich eine Erweiterung der Fähigkeiten.
Die drei abschließenden Masterarbeiten 2008 behandelten drei unabhängige Projektideen, basierten aber auf einem gemeinsamen Kernthema.
Performance und Design
Der Weg von London führte die Designer 2008 zurück nach Österreich, wo sie in Wien ihr Studio gründeten. Alle drei begannen neben der Designaktivität ein Philosophiestudium.
Mittlerweile entwickeln sie ihre Einzelstärken weiter und ergänzen und bereichern dadurch ihren Input in die gemeinsame Designtätigkeit.
Martin Schnabl intensiviert sein Philosophiestudium, während Sascha Mikel seine Fähigkeiten in einem Bidhauerstudium weiter verfeinert. Michael Tatschl übernimmt als „Rechtspersönlichkeit“ den geschäftlichen Part, auf ihn ist das Gewerbe angemeldet.
Die Inhalte der Masterarbeiten aus London leben weiter und haben bereits Geschichte gemacht. Der Original Stool auf der Grundlage des Abschlussprojektes von Sascha Mikel wurde bereits mehrmals umgesetzt und die Grundidee, die einen performativen Charakter beinhaltet, verändert und weiterentwickelt.
“The production process is the design. The process creates unique pieces of furniture using landscape as a crucial part of the formative procedure; rivers, hills, woodland paths…. The result is always an unpredictable character that describes the capturing story of its evolution. No two stools are the same, all are individuals. They all have their own story and a place to call ‚home‘.”
Sascha Mikel
Der Produktionsprozess wird bereits als Design gesehen, und dieser Prozess kreiert ein einzigartiges Möbelstück, indem es die Landschaft – beispielsweise Flüsse, Hügel, Straßen – in die Gestaltungsprozedur integriert.
Wie kann man sich das nun vorstellen? Die Grundlage dieses Erstprojektes stellt eine Kugel dar. Diese Kugel ist öffenbar und darin eingehängt ist die ursprüngliche, formgebende Silikonstruktur. Es wird Harz eingegossen, meist in einer gemeinsamen Aktion an einem speziellen Ort. Dann wird diese Kugel in Rotation gebracht und sich selbst überlassen, und währenddessen erhärtet das Material. Die Kugel kann auf einer Straße von Menschen gerollt werden oder einem Flusslauf überlassen werden. Das Produkt – der Original Stool – ist durch diesen Schaffungsprozess niemals mit einem zweiten Produkt ident und immer ein individuelles Ergebnis, das seine Entstehungsgeschichte erzählt. Die nächste Möglichkeit, an so einer Fabrikation teilzunehmen und sich damit in die Gestaltung einzubringen, ist am 18. Nov. 2010 im Wien Museum.
Auf derselben Grundlage entsteht Original LaVa, die auch mit dem „original process“ produziert wird. Die daraus gewonnene Form wird dann in zwei Teile geschnitten. Durch diese Trennung entsteht die Funktion: Eine Lampe und eine Vase.
Produktcocktails and Grow to go
In einem weiteren spannenden Projekt, entwickelt für die ViennaDesignWeek 2009, ist auch wieder der Zeitfaktor und das Einbeziehen der KundInnen oder NutzerInnen zu finden. In einer Kooperation mit dem Blumenladen Wildwuchs im 2. Wiener Bezirk wurde das Konzept von Fast-Food-Restaurants auf einen Gartenshop umgelegt. An einer Art Bartresen konnte man sich je nach Lust und Laune seine Bestellung zusammenstellen.
Es war möglich, die Erde, einen bestimmten Samen – Basilikum, Schnittlauch, Eisbergsalat, Rosmarin, Rucola – zu wählen. Dazu erhielt man dann noch einen Grow Stick, ein Gewächsmaß, um das zukünftige Wachstum zu beobachten. Das Ganze wurde dann abgepackt, wie Burger, in ein Sackerl und den KundInnen überreicht. Die Produktion und nicht nur der Kauf einer Ware wird hier bewusst gemacht und den KäuferInnen als Geschichte mitgegeben.
Eine ähnliche Idee sozialer Nachhaltigkeit findet man in den Shakin’ Products: Eine mobile Bar mit bunten Flaschen, Cocktail-Shakern weckt nicht den Eindruck einer Produktionswerkstätte.
Doch genau dieses genannte Equipment ermöglichte den Designern eine außergewöhnliche Produktperformance.
Gleich geübten Barkeepern wurde flüssiges Rohmaterial aus Dosierstutzen gezapft, in die Shaker gegeben, um dann von dort nach kurzem Schütteln als festes Objekt wieder vor den Augen der Gäste zu erscheinen. Bei den Objekten handelte es sich um handgeformte Produkte wie eine Standuhr, eine Schmuckschatulle, Aschenbecher, Unterteller und spezielle Schubladen- sowie Schrankgriffe, die man an die eigenen Möbel montieren kann.
Nach der Premiere der Performance anlässlich der „Milan Design Week“ in Mailand 2010 wurde für das Grazer Designmonat 2010 und einer bE-Ausstellung im Grazer Designshop „KWIRL“ das Grazer Wahrzeichen, der Uhrturm, selbst zum „Shakin’ Product“. Der grüne Miniaturturm ist mit einem funktionierenden Uhrwerk bestückt und wurde während der bE-Performance in Graz gefertigt.
breadedEscalope waren im Oktober beim Tenerife Design Festival vertreten, sowie im September bei der MAISON&OBJET in Paris mit sechs Original Stools.
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