Architektur der Zukunft – Zukunft der Architektur
Statement von Arch. DI Arkan Zeytinoglu
Neben Architektur und Musik beschäftigt sich Architekt Zeytinoglu mit Menschen, Kulturen, Licht, zukunftsfähigen sowie ganzheitlichen Konzeptionen und plädiert für die Skizze als wesentliches Entwurfselement. Nach dem Studium in Graz und New York gründete er 1995 sein Architekturbüro in Wien. Seitdem hat das Büro Arkan Zeytinoglu Architects zahlreiche Projekte mit Schwerpunkt Hotelbau im In- und Ausland realisiert.
Über die Zukunft der Architektur wird wohl wie über das Weltbild zur Zeit der Aufklärung diskutiert werden müssen.
Paradoxerweise meinen viele noch immer, dass die Erde eine Scheibe ist. Aber wie in der Renaissance, der empirischen Antike oder der industriellen Revolution, wo es auf Reformen zur Gegenreformation kam, ist in Anbetracht des Zustandes der Erde Feuer am Dach der Architektur. Es geht hier nicht mehr um Schönes oder Wohlproportioniertes, Modernes oder Funktionelles. Auch nicht mehr um Stararchitekten oder Eleganz und Coolness. Nicht die Erde ist am Ende ihrer Ressourcen, sondern der Mensch samt bisherigem Architekturverständnis.
So wie in sozialen, politischen und gesellschaftlichen Belangen hat aufgrund der zunehmenden Verbrennung der Erde bzw. unseres Lebensraums ein Paradigmenwechsel zu erfolgen. Das Weltbild der heutigen Gesellschaft bzw. die zukünftige Architektur hat sich insofern zu ändern, als der Mensch mit der Natur und Umwelt lebt, statt gegen sie zu wirken.
Das Weltbild, in welchem die Erde bzw. der Mensch das Zentrum alles Geschaffenen ist, hat sich überholt, dennoch agieren wir auf unserem Planeten, als wären wir die einzige Gattung, welche die Regeln für alles Dagewesene bzw. die Zukunft erstellt.
Es scheint auch nicht verwerflich, dass gerade jene Länder, Völker und Gemeinschaften, welche durch den Erdölverkauf an energiehungrige Nachbarn satte Profite machen, in Wüstengebieten Wolkenkratzer aus Glas errichten. Im Gegenzug wird das Glas samt Konstruktion, produziert mit und aus Erdöl, Planung und Arbeitern reimportiert. Ob das sinnvoll ist, gilt es zu hinterfragen.
Die Neuinterpretation einer Jurte im Hotelbetrieb von La Donaira, einem 5-Sterne Eco-Resort: als Gestaltung und funktionaler Ansatz nachhaltiger Architekturtypologie übersetzt als „nicht-nomadischer” Gebäudetypus. Ausgezeichnet mit dem Hotel Application Award 2017 in der Kategorie „Best Innovative Concept“.
©Zeytinoglu ZT GmbH
Auch drängt sich die Frage auf, ob unsere Gesellschaften sich letztendlich so angleichen (wollen), dass sich in Zukunft ungeachtet des Klimas und der topografischen Gegebenheiten identische Architekturen entwickeln. Die globale Architektur für ein ausgeglichenes Gesellschaftsbild. Wie Instagram, Pinterest und Co wird die Architektur als binärer Algorithmus weltweit verbreitet. Sie generiert sich von selbst. Vielleicht schafft es eben dieser, unsere Probleme in Zukunft zu lösen.
Auch hier gibt es Gegenbewegungen: zurück zur Natur! Nur, was ist das? Eine romantische Sehnsucht nach verloren gegangenem Idyll? Bauen wir jetzt den Wald in der Stadt? Beispiele für Dachgärten und begrünte Fassaden gibt es schon zuhauf, nur funktionieren sie noch nicht so richtig, weil sie nur ein Bruchteil einer Lösung sind, um einen ökologischen Kosmos nachzubilden.
Die Zukunft der Architektur ist somit keine Gestaltungsfrage, sondern eine Einstellung in der über Millionen von Jahren von der Evolutionsgeschichte geschaffenen Balance, die es zu erreichen gilt.
Das ehemalige Hotel Kummer an der Mariahilfer Straße, Ecke Schadekgasse wird umgebaut und erweitert: Am Kreuzungspunkt bekommt das Haus ein kreuzgewölbtes Dach aufgesetzt, um das Ensemble der Dachformation der zueinander in Beziehung stehenden Eckhäuser zu vervollständigen.
©Zeytinoglu ZT GmbH
Kategorie: Architekten im Gespräch, Kolumnen