Nationalmuseum im neuem Licht
Unter dem Motto „Nationalmuseum in a New Light“ wurde im Oktober 2018 das Schwedische Nationalmuseum – 1886 nach den Plänen von Architekt Friedrich August Stüler erbaut – nach umfangreicher Restaurierung wiedereröffnet. Kardorff Ingenieure verantworteten in diesem Bauvorhaben die Kunst- und Tageslichtplanung und haben das Projekt in Zusammenarbeit mit Wingårdhs Architekten über 7 Jahre begleitet.
Das Nationalmuseum ist heute mit einer Sammlung von 700.000 Objekten das größte Kunstmuseum der nordischen Länder. Es ist bereits seit seiner Eröffnung 1866 ein Wahrzeichen Schwedens. Bevor der preußische Architekt damals den Auftrag für das Nationalmuseum in Schweden erhielt, wurde 1855 unter seiner Leitung das Neue Museum auf der Berliner Museumsinsel fertiggestellt. Auch bei dessen Restaurierung plante man das Kunst- und Tageslicht und war somit bereits mit der Umgestaltung eines solchen historischen Baus zu einem hochmodernen Museum vertraut.
Zu Zeiten Stülers war an elektrisches Licht noch nicht zu denken. So blieb nur eine Versorgung mit Tageslicht, um die Kunstschätze zu präsentieren und die Grundstruktur seiner Museumsbauten ist darauf ausgerichtet: Eingangshalle, Ausstellungsräume und Innenhöfe besitzen große Fenster und Glasdächer. In den vorigen Jahrzehnten verschlossen sich viele Museen, wie auch das Nationalmuseum, vor jeglichem Tageslicht. Heute sind Lichtexperten jedoch in der Lage, das Tageslicht detailliert zu berechnen, kontrolliert einzusetzen und seine großen Vorteile kombiniert mit Kunstlicht zu nutzen. Die Räume und die Kunst in natürlichem Licht zu erleben und die reizvollen Ausblicke auf die Stadt zu ermöglichen, gehörte zu den wichtigsten Zielen der Restaurierung. Der „Dialog des Gebäudes mit der Stadt“ sollte wiederhergestellt werden.
Man analysierte mit Hilfe von Computersimulationen die Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse des historischen Hauses, um die Potenziale des Tageslichtes einerseits und den notwendigen Schutz andererseits planen zu können. Sonnen- und Blendschutz, Glasqualitäten in Fenstern und Dächern und die künstliche Beleuchtung mussten gezielt aufeinander abgestimmt werden. Viele Bemusterungen und Tests vor Ort waren nötig, um die geeigneten Materialien herauszufinden.
Das natürliche Licht dient am Tag der Grundaufhellung der Räume. Die optimale Wahrnehmung der Kunstobjekte ist aber nur durch gezielt gelenkte Lichtstrahlen mit künstlicher Beleuchtung zu erreichen. Hierzu dienen im Nationalmuseum die 1.500 Strahler mit unterschiedlichster Ausstattung. Im Durchschnitt sollen drei Viertel des Lichtvolumens von außen kommen und ein Viertel durch das Kunstlicht ergänzt werden. Der textile Behang vor den Fenstern ist flexibel. Wird er wegen zu hoher Strahlung geschlossen, so lässt er nur fünf Prozent Licht durch. Weil der Screen wegen seiner dunklen Farbe einen hohen Kontrast zu den meist helleren Oberflächen der Außenwelt besitzt, kann man dennoch sehr gut durchsehen. Ebenfalls wegen der dunklen Farbe ähneln die Fenster von außen den Glasflächen ohne Screen und das Gebäude wirkt daher nicht verschlossen.
Die Leuchten haben die Aufgabe, die Architektur angemessen zu zeigen und alle Exponate zu inszenieren. Hierfür wurde jeder Raum einzeln betrachtet, auch um die denkmalgeschützten Wände und Decken und der architektonische Raumeindruck möglichst wenig zu beeinträchtigen. So sind zum Beispiel in allen Kuppelsälen Stromschienen zwischen die Stützen gespannt, jedoch nur parallel zur Blickrichtung der Besucher.
Die Leuchtenpositionen wurden so gewählt, dass nicht nur frei stehende und wandhängende Exponate angestrahlt werden. Die meisten Vitrinen werden von außen durch Strahler beleuchtet. Sie wirken dadurch besonders leicht und transparent. Dort, wo Lichttechnik integriert werden musste, wurde dies verdeckt und reduziert gestaltet. Einige Ausstellungsräume erforderten die Entwicklung von Sonderlösungen. Eigens für die Innenhöfe gestaltete Wandleuchten zum Beispiel beleuchten die beeindruckenden Skulpturen und dienen auch der Raumbeleuchtung für Veranstaltungen. Die wundervolle Glasdachstruktur von Wingårdhs Architekten blieb somit unberührt.
Die neue LED-Technologie entwickelte sich in den letzten Jahren so vorteilhaft, dass sie nunmehr maßgeschneidert im Museum eingesetzt werden kann. Kunstwerke werden weniger geschädigt und erstrahlen sehr viel brillanter. Die Strahler, die in den Ausstellungsräumen eingesetzt sind, wurden exakt auf die Anforderungen der Ausstellung angepasst. Alle notwendigen Ausstrahlungswinkel, Lichtmengen und viele weitere Kriterien wurden vor der Produktauswahl definiert. Die gewählten Lichtkegel sind sehr homogen und tragen zu einem harmonischen Gesamtbild des Ausstellungsraumes bei. Gemeinsam mit Restauratoren und Kuratoren wurden anhand von Originalkunstwerken die Lichtqualitäten der verschiedenen Strahlertypen umfassend verglichen und bewertet.
Die Farbwiedergabe beträgt über 90 Prozent. Dies kommt auch dem besonderen Farbkonzept der Ausstellungsräume zugute. Zusammen mit einem geringstmöglichen Schädigungspotenzial der Leuchtmittel sind dies wichtige Voraussetzungen für eine qualitative Beleuchtung. Die neue Lichttechnik verringert zudem drastisch den Energieaufwand für die Beleuchtung in den Räumen. Die jetzt eingesetzten LED-Leuchten besitzen auch eine vier- bis fünffach höhere Effizienz. Darüber hinaus wird die verbesserte Nutzung des Tageslichtes den Bedarf an Kunstlicht deutlich reduzieren.
Den Lichtplanern war es besonders wichtig, dass die Lichtstimmungen dem Charakter der einzelnen Ausstellungsräume entsprechen und diese, je nach Wetter und Tageszeit, in leicht verändertem Gewand erscheinen. So trägt auch das Licht zu einer lebendigen Ausstellung und einem besonderen Architekturerlebnis bei.
Fotos:©Linus Lintner
Text:©Kardorff Ingenieure Lichtplanung
Kategorie: Licht