„Kunst_LICHT_kunst“

7. Juni 2011 Mehr

„Kunst_LICHT_kunst“ 

Mit Kreativität und Fingerspitzengefühl eingesetzte Beleuchtung kann durchaus den Anspruch von Lichtkunst erheben. Eine Fassadenbeleuchtung kann als Malerei mit Licht verstanden werden. Das von James Turrell inszenierte MAK, das Konzerthaus von Victoria Coeln oder die Wiener Staatsoper von podpod design sind nur ein paar Beispiele für subtile Lichtinszenierungen jenseits des „je heller um so sichtbarer“. Im musealen Kontext haben sich Lichtkunstwerke längst als eigenes Genre herausgebildet, ob als Skulpturen wie z. B. von Brigitte Kowanz oder auch als Interventionen im öffentlichen Raum, wie etwa jene von Olafur Eliasson.

Die künstliche Beleuchtung ist in unserer heutigen Gesellschaft zur Selbstverständlichkeit geworden. So automatisch, wie der Griff zum Lichtschalter inzwischen ist, kann – und sollte – er aber auch als Luxus begriffen werden. Dasselbe gilt (nur ohne Schalter) für den öffentlichen Raum, wo wir uns rund um die Uhr wunderbar orientieren und zurechtfinden können. Es ist kaum mehr vorstellbar, dass noch vor wenigen Jahrzehnten auf tropischen Inseln wie Bali mit dem Sonnenuntergang um 18 Uhr Ruhe einkehrte und man sich mit simplen Spirituslampen behelfen musste, um sich mit dem wenigen Licht beim dörflichen Gamelanspiel oder bei Tanzvorführungen zurechtzufinden. Mittlerweile hat sich auch dort der Tag in die Nacht hinein verlängert, Touristen aus der ganzen Welt huldigen dem Nightlife. Das Leben ist rund um den Globus schneller und heller geworden.

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Licht im Außenraum wird selbstverständlich primär zum Erkennen im Sinne der Sicherheit und zur Orientierung im nächtlichen Umfeld eingesetzt. Doch es kann mehr als das. Muss denn Licht immer einen Nutzen erfüllen? Licht kann ebenfalls Poesie oder Kunst sein, kann dem Menschen neue Perspektiven eröffnen und Emotionen vermitteln. Fassadenbeleuchtungen können – banal geplant – pure Lichttechnik sein, mit künstlerischem Fingerspitzengefühl und innovativem Ansatz durchaus als Lichtkunst verstanden werden.

Eine Reihe von Künstlern beschäftigt sich intensiv mit dem Medium Licht. In Wien wurde zum Beispiel das MAK vom amerikanischen Künstler James Turrell mit farbig hinterleuchteten Fenstern inszeniert. Die Fassadenbeleuchtung wird somit invertiert und nicht die Wandfläche, sondern ihre Öffnungen werden zum Thema. Turrell ist bekannt dafür, Lichträume zu schaffen, die Grenzen verschwimmen lassen und den Raum auflösen, weil das Material ungreifbar wird. Das Spiel mit der Wahrnehmung verblüfft den Betrachter und erweitert seine Erfahrung – quasi eine legale Droge.
Der dänische Künstler Olafur Eliasson durfte für die Sammlung Verbund das Hauptgebäude der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts-AG am Hof mit der Lichtkunstinstallation „Yellow Fog“ aufwerten: ein Spiel mit Wahrnehmung und Illusion. Entlang der Fassade am Hof ist ein Metallgitter eingelassen, aus dem täglich zur Abenddämmerung eine Stunde lang gelber Nebel hochsteigt. Der historische Platz wird zur Bühne, das Spiel von Nebel, gelbem Licht und Wind könnte eine Theaterkulisse sein. An gewohnten Bildern blickt man vorbei, erst durch die Irritation des Unerwarteten entsteht Aufmerksamkeit.
Von der österreichischen Künstlerin Brigitte Kowanz, vorwiegend im Innenbereich tätig, findet man in der Türkenstraße ein Lichtkunstwerk an der Fassade der Kommunalkredit Wien. Leuchtende Linien streifen entlang der Fassade und ragen über das architektonische Volumen hinaus.
Oder die Fassadenbeleuchtung des Wiener Konzerthauses: Victoria Coeln hat mit ihrer Lichtinszenierung ein malerisches Gemälde auf dem Gebäude verwirklicht. Auf den ersten, frontalen Blick scheint die Lichtfarbe Weiß zu sein, doch nach und nach sind verschiedene Farbnuancen in den Schattenzonen der Fassade erkennbar. Je nach Blickrichtung dominiert von der einen Seite Blau, von der anderen Rosa. Der Beobachter ist aufgefordert, sich auf die subtilen Lichtspiele einzulassen und eigenen Beobachtungen auf sich wirken zu lassen. Ein weiteres Beispiel für Coelns Werke mit ihren sich überlagernden und ergänzenden Lichtschichten sind die „Chromotope“ im Rahmen des Kunstraums Karlsplatz, diesmal mit Licht am Boden.

Live Events und Sportveranstaltungen

Licht trägt auch bei darstellender Kunst, wie zum Beispiel bei Open-Air-Konzerten einen wesentlichen Teil zur Inszenierung bei. Doch meist handelt es sich um singuläre Veranstaltungen, die in der Regel einmalig sind. Sky Beamer mögen zur Inszenierung passen, man sollte jedoch mit äußerster Behutsamkeit darauf achten, der Umwelt möglichst wenig zu schaden. Die blendenden Lichter können Zugvögel irritieren und fehlleiten.
In den renommierten Skigebieten wird vermehrt als Attraktion Skilauf bei Nacht angeboten, was einerseits für die Urlauber einen zusätzlichen Anreiz bietet, andererseits aber die Nachtruhe der Natur beeinträchtigt, weshalb solche Anlagen nur nach sorgfältiger Prüfung in Betrieb gehen sollten. Skirennen können mit den Flutlichtanlagen ebenfalls stimmungsvoll bei Nacht ausgetragen werden. Auch hier steht der Glamour des Events den Bedürfnissen der Natur gegenüber. Die TV-Kameras wollen eine hohe Beleuchtungsstärke, die Skiläufer benötigen eine möglichst gleichmäßig und schattenfrei beleuchtete Piste, die angrenzende Natur wird aber vom Streulicht gestört. Auch hier ist es wichtig, einen Kompromiss aller Bedürfnisse zu finden. Bei genauer Planung kann eine derartige Anlage optimiert und Streulicht vermieden werden.
Auch beim Fußballsport kann es zu einem Konflikt der verschiedenen Bedürfnisse kommen: Dem Wunsch von Spielern und Zuschauern sowie den Fernsehstationen nach optimaler Beleuchtung steht gerade bei Flutlichtanlagen die nächtliche Störung von Anrainern gegenüber – oft über große Distanz. Und auch hier muss die Auswirkung auf die Natur immer bedacht werden: Insekten, angelockt vom gleißenden Licht und an den Strahlern ihr Leben aushauchen. Vögel, die vom Weg abkommen. Bäume, die um ihre nächtliche Ruhephase gebracht werden. Hier ist es sinnvoll, beim Training das Lichtniveau geringer als bei den Matches zu schalten.

Maß und Ziel

Licht kann für unsere Erfahrung der nächtlichen Welt wichtig und bereichernd sein. Es kann kulturelle und emotionale Funktionen erfüllen und zugleich der Orientierung dienen. Wir wünschen uns mehr Mut bei der Umsetzung innovativer künstlerischer Lichtprojekte – jedoch immer mit Augenmaß in Bezug auf deren Auswirkung auf die Umwelt.

 

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Kategorie: Licht