Kulinarische Kunstwerke im Scheinwerferlicht

7. April 2025 Mehr

Neben der richtigen Wahl bequemer Sitzgelegenheiten, einer gedämpften Atmosphäre und gelungenen Präsentation von Speisen und Getränken ist auch die Lichtgestaltung ein zentrales Element in der Gastronomie. Diese sollte einerseits funktional sein, andererseits aber auch die emotionale Wahrnehmung eines Raumes prägen. Durch gezielte Beleuchtung lassen sich Gasträume bewusst strukturieren und kulinarische Erlebnisse effektvoll inszenieren.

 

 

„Licht spielt eine entscheidende Rolle in unserem Leben, gleichzeitig ist es oft keine bewusste Erfahrung”, sagt Helen Neumann. Für die Leiterin der Abteilung Lichtdesign bei Occhio ist Emotional Lighting Design, also die emotional aufgeladene Lichtgestaltung, einer der wichtigsten Aspekte, wenn es um die Qualität von Räumen geht. „Licht schafft und verändert Atmosphäre, es gibt uns Sicherheit und Wohlbefinden. Erst durch das Gefühl der Geborgenheit an einem Ort können wir unser volles Potenzial entfalten.“ 

Das hat auch der Mitbegründer und Teilhaber der Schreiberei, Tohru Nakamura, für sich erkannt. Gemeinsam mit hildmannwilke hat der Sternekoch in der Münchner Innenstadt ein Restaurant mit maximalem Funktionsanspruch erschaffen. „Tohru ist ein sehr nahbarer und inspirierender Bauherr und so lag es nahe, einen Raum zu gestalten, der nicht nur als Gastraum, sondern vielmehr als privates Esszimmer fungiert“, erklärt Daniela Wilke. Den Architekten war es ein besonderes Anliegen, die Tische durch das fokussierte und gleichzeitig angenehm gerichtete Licht als Bühne zu interpretieren, um die kunstvoll angerichteten Speisen, die Gläser sowie Besteck und Teller stimmungsvoll zu beleuchten.

 

 

Mithilfe eines smarten Lichtkonzepts lassen sich nicht nur Tisch und Teller inszenieren, sondern Gasträume ganz ohne physische Elemente zusätzlich in funktionale und emotionale Zonen gliedern, die unterschiedliche Bedürfnisse erfüllen: während in der Dining Area warmes, gedimmtes Licht von etwa 150 bis 250 Lux die Intimität und längere Verweildauer fördert, lässt sich im Barbereich mit einer helleren Akzentbeleuchtung von um die 50 bis 100 Lux mit Spotlights oder Pendelleuchten die Theke als sozialer Mittelpunkt betonen. Eine indirekte Beleuchtung entlang von Wänden oder Fußböden kann als Wegführung dienen und die Gäste sicher durch den Raum leiten.

Diese kann in Form von Wandstrahlern oder LED-Streifen unter Möbeln gleichzeitig dabei helfen, Schatten zu reduzieren und eine weiche Grundhelligkeit zu schaffen. Ein warmweißes Licht-Setup von 2.700 bis 3.000 Kelvin sorgt gerade am Abend für eine gemütliche Atmosphäre. Tagescafés oder der Mittagstisch werden hingegen häufig in kaltweißes Licht um die 4.000 Kelvin getaucht, um eine energetische Aura zu suggerieren. Eine Dimmbarkeit der Leuchten ermöglicht eine individuelle Anpassung an Tageszeiten und Anlässe.

 

 

Ob diffuses Tageslicht, Tracklights oder Mini-Pendelleuchten – in der Kombination generiert ein durchdachtes Konzept nicht nur eine Inszenierung von Speisen, Geschirr und Getränken, sondern auch ein Gefühl von Behaglichkeit. So wurde in der Schreiberei für jedes Tisch-Setting ein eigener kleiner Wohlfühlraum kreiert, indem sich das Licht wie eine Glocke über den Tisch legt. Die volle Aufmerksamkeit gilt dem theatralischen Auftritt der Speisen, während die umgebende Architektur durch den Verzicht auf eine Allgemeinbeleuchtung nur noch dezent illuminiert wird. Produkte wie die Pendelleuchte Sento sospeso können den Radius des Tisches exakt nachzeichnen und dank flexiblen Glaseinsätzen die Plastizität der Speisen herausstreichen. Brillantes, schattenreiches Licht soll die Haptik und Textur des Essens spürbar machen. „Das richtige Licht ist essenziell für die Atmosphäre und ein wesentlicher Baustein für die Gesamtkomposition in unserem Restaurant“, sagt Tohru Nakamura.

 

 

Die Schreiberei ist ein gelungenes Beispiel, wie sich Intimität trotz hoher Gästedichte erzielen lässt: Durch die gezielte Beleuchtung einzelner Tische entstehen visuell abgegrenzte Bereiche, die in Form von Lichtinseln Privatsphäre suggerieren. Ergänzend können warme, flackernde (LED-)Kerzen die Wahrnehmung von Umgebungsgeräuschen dimmen, während seitlich angebrachte Wandleuchten oder Tischlampen mit warmem Licht unvorteilhafte Schatten im Gesicht minimieren. Ein gelungenes Lichtkonzept für die Gastronomie basiert auf der Kombination einer Grundbeleuchtung mit Arbeitslicht und Akzenten, die für Tiefe sorgen. Mit automatisierten Systemen lassen sich Helligkeit und Farbe an Tageszeiten oder Events anpassen, wobei LED-Leuchten Kosten sparen und Flexibilität in der Farbtemperatur bieten.

 

Text: Linda Pezzei
Fotos: Robert Sprang, Ramon Haindl

Kategorie: Kolumnen, Licht