Frauen in der Architektur – DI Regina Freimüller Söllinger

25. April 2018 Mehr

Frauen in der Gesellschaft, Frau Architekt!

Seit 2007 führe ich mein eigenes Ziviltechnikerbüro als alleinige Gesellschafterin mit bis zu 14 MitarbeiterInnen. Der Frauenanteil in meinem Büro liegt im Durchschnitt bei 40% und die Honorierung ist abhängig von Leistung, Aufgabenbereich, Verantwortung und Erfahrung. Dass europaweit Architektinnen immer noch weniger verdienen als die männlichen Berufsgenossen ist nicht fair und gesellschaftspolitisch ist alles daran zu setzen, dass der Lohn angeglichen wird. Zu diesem Thema sind aber auch die Frauen selber angehalten, höhere Löhne zu fordern. In meinem Büro nehme ich nur die besten Mitarbeiter auf, egal ob weiblich oder männlich. So arbeiten wir bei mir im Büro sehr viel im Team, jeder leistet einen wertvollen Beitrag zum großen Ganzen. Meine MitarbeiterInnen kommen aus unterschiedlichen Ländern und Schulen und diese Diversität ist ein wesentlicher Bestandteil für unser Schaffen.

 

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Aus meinen Arbeiten ist – glaube ich – nicht ablesbar, ob Frau oder Herr Architekt am Werk ist. Jeder Mensch hat eigene Ansätze, Hintergrund und Zwänge in seiner Arbeit und die Architekturen sind sehr eng mit der jeweiligen Persönlichkeit verknüpft.

Ich bin öfters bei wichtigen Besprechungen mit: “Ah, der Herr Architekt kommt nicht?“ – so quasi „nur“ die Frau kommt, angesprochen worden. Ich habe dann scherzhaft geantwortet: „Nein der Herr Architekt ist im Büro.“ Zu Beginn meiner Tätigkeit hatte ich schon den Eindruck, dass manche Bauherren ein besseres Gefühl haben, wenn sie glauben können, dass mein Mann das Büro führt. Des öfteren sind Briefe folgend adressiert: Herr Architekt Regina Freimüller, Sehr geehrter Architekt, … – anfangs habe ich mich schon darüber ein wenig geärgert, jetzt verschwende ich keinen Gedanken mehr daran.

Regina Dahmen-Ingenhoven (deutsche Architektin) hat einmal gesagt: „Wenn Sie glauben, man könnte wirklich beides haben, viele Kinder, eine große Familie – und zugleich enorme Ambitionen im Beruf ausleben: Das ist eine Illusion.“ Das sehe ich ähnlich. Der Preis, um beides gut zu bewerkstelligen, ist sehr hoch. Gute Organisation, viel Ausdauer und Kraft sind erforderlich. Ich habe zum Beispiel, nach nur vier Monaten Mutterschutz meine Unterrichtstätigkeit an der ETH Zürich wieder aufgenommen. Am ORL-Institut an der ETH war ich die einzige Frau mit Kindern. Mehrmals hat man mich mitleidig angesprochen, ob mein Mann nicht gut genug verdiene, sodass ich auch arbeiten gehen müsse. Diese Haltung hat mich damals schon sehr schockiert.

 

Freimueller

 

Wichtig ist jedoch – falls Frauen den Karriereweg einschlagen wollen – dass sie Rahmenbedingungen vorfinden, die dies auch erlauben. Damit meine ich unter anderem: leistbare Kinderbetreuungseinrichtungen, Ganztagsschulen und Akzeptanz in der Gesellschaft. Die Unzufriedenheit, nicht genug Zeit für die Kinder und zu wenig Zeit für das Büro zu haben, war ein ständiger Wegbegleiter für mich. Aber jede Frau muss sich die Frage, wie sie mit Karriere umgeht, selbst stellen. Weniger Zurückhaltung und „falsche“ Bescheidenheit, mehr Selbstbewusstsein, mehr Zufriedenheit mit den eigenen Projekten, selbstbewusster über die eigenen Arbeiten sprechen – all das hilft uns (Frauen), in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen zu werden. Alexandra Hagen (Direktor der schwedischen Firma White Arkitekter) drückt es folgendermaßen aus: „Lerne zu verhandeln. Sei ausdauernd, steh für dich ein und weiche nicht zurück.“

Fotos:©FSA a.ehrenreich

Text:@Peter Reischer

Frauen in der Architektur Teil 2

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Kategorie: Architekten im Gespräch, Kolumnen