Holzbau-CAD
Wachsende gestalterische Ansprüche von Architekten und Bauherren sowie der Trend zu individuellen, freien Formen sorgen für mehr Planungsaufwand im Holzbau. Moderne CAD-Werkzeuge für den Ingenieurholzbau versprechen Abhilfe. Über Vorteile, Möglichkeiten, Kosten, Anbieter und Trends informiert dieser Artikel.
Holz ist ein Trendbaustoff. Aufgrund der Vielzahl der Bauteile und Verbindungen ist die Planung von Holzbau-Konstruktionen jedoch mit viel Planungsaufwand verbunden. Grat-, Kehl-, Schift- oder Streichsparren, Pfetten, Streben, Pfosten, Riegel, Schwellen sowie deren Verbindungen erfordern viel Zeichen- und Detailarbeit. Holzbauspezifische CAD-Programme vereinfachen Ingenieuren, Zimmerern, Holzbauern oder Fertighausherstellern diese Arbeit deutlich. Sowohl auf der Baustelle bei handwerklich gezimmerten Dach-, Wand- oder Deckenkonstruktionen als auch im Zimmereibetrieb oder in der Fabrik bei vorfabrizierten Ingenieurholzbau-Konstruktionen in genagelter, verdübelter oder verleimter Ausführung – in allen Bereichen rationalisiert Holzbau-CAD schon seit Jahrzehnten die Planung und Produktion. Zu den Anwendern zählen große Holzbauunternehmen, aber auch kleine Zimmereien, Fertighaushersteller, Abbundzentren, Planungs- und Ingenieurbüros. Holzbau-CAD unterstützt Planer und Ausführende beim Entwurf der Dachform (Dachausmittlung), bei der Konstruktion der Tragstruktur, bei der Erstellung von Holzlisten und Kalkulationen, bei der Vorbereitung von Angeboten – bis zum Abbund, respektive der computergestützten Fertigung.
Einsatzgebiete, Vorteile und Möglichkeiten
Holzbau-CAD ist nicht gleich Holzbau-CAD. Von den rund 15 deutschsprachigen Anbietern konzentrieren sich die meisten auf die Haupt-Einsatzgebiete Dachabbund, Holzrahmenbau, Fertighaus- und Blockhausbau. Wird Holzbau-CAD durch optionale Module erweitert, kann man es auch für die Planung von Fachwerkhäusern, Wintergärten oder Holztreppen einsetzen. Speziell für Wintergärten und Holztreppen gibt es allerdings auch eigenständige Lösungen. Für den Ingenieurholzbau – also für alle nicht handwerklich gezimmerten, sondern mit ingenieurmäßigen Verbindungen gefügten, individuell geformten Holztragwerke für Hallenbauten, Sportstätten, Brücken und Sonderbauten bietet gerade mal eine Handvoll Anbieter entsprechende Programme (siehe Info-Kasten). Besonders groß sind die Rationalisierungsvorteile bei standardisierten Dach- oder Wandkonstruktionen. Ähnlich wie Dach-CAD berechnet auch Abbund-Software auf einem vorgegebenen Grundriss bzw. einer Gebäudekontur die Dachausmittlung automatisch. Damit wird die Geometrie für die darunter liegende Holzkonstruktion festgelegt, die nach Eingabe der Profilabmessungen automatisch generiert wird. Bei Änderungen an der Form oder Neigung lassen sich das Dach und alle konstruktiven Elemente mit einem Mausklick aktualisieren. Auch Varianten zur Optimierung der Konstruktion lassen sich relativ wirtschaftlich entwickeln und Kostenvergleiche anstellen. Vielfältige Editierfunktionen, objektorientierte CAD-Bauteile, die mit benachbarten Bauteilen interagieren können sowie vielfältige Berechnungsfunktionen machen es möglich. Aus dem dreidimensionalen CAD-Modell lassen sich die exakten Holzmengen und Materialkosten ermitteln, was sowohl dem Planer als auch dem Holzbauer mehr Sicherheit bei der Ausschreibung, respektive Angebotserstellung gibt. Für die Entwurfskontrolle oder Präsentation der Wand- und Dachkonstruktion stellt Holzbau-CAD die Geometrie in beliebiger Perspektive dar. Visualisierungen vermitteln Bauherren einen Eindruck vom Bauvorhaben, ausführenden Handwerkern können Konstruktionen und Details anschaulicher vermittelt werden.
Eingabeaufwand und Kosten
Beeindruckend schnell – in kaum mehr als einer Stunde – lassen sich komplette Dachkonstruktionen inklusive aller 2D-Pläne erstellen: Liegt der Grundriss als vom Architekten erstellte Datei, beispielsweise im DXF-Format vor, kann direkt auf dieser Grundlage die Dach-, Wand- bzw. Deckenkonstruktion erzeugt werden. Wird eine Außenwand selektiert, erkennt das Programm die Außenkontur des Daches und erstellt daraufhin automatisch ein Standarddach (Sattel- oder Walmdach), das sich anschließend durch Modifikation der einzelnen Dachflächen zu dem gewünschten, individuellen Dach umwandeln lässt. Auf Basis der fertigen Dachform wird anschließend, nach Angabe der Lage und Dimension von Sparren und Pfetten, dem Sparrenabstand etc., die darunter liegende Holzkonstruktion generiert. Je nach Komplexität der Konstruktion und der Anschlussdetails muss diese anschließend mehr oder weniger umfangreich manuell nachbearbeitet, bemaßt und beschriftet werden etc. Trotz zahlreicher holzbauspezifischer Funktionen und Automatismen – den Eingabeaufwand sollte man insbesondere bei frei geformten Konstruktionen nicht unterschätzen. Komplexere Dachformen mit schwierigen Verschneidungen, Versprüngen, Auswechslungen oder individuelle, freie Formen erfordern einen deutlich höheren Eingabeaufwand. Genauso unterschiedlich wie der Eingabeaufwand können auch die Kosten für einen holzbauspezifischen CAD-Arbeitsplatz sein. Von 1.000 bis 10.000 Euro und mehr kostet Holzbau-CAD – je nach Programm und Ausbaustufe. Hinzu kommen Kosten für die Hardware (ggf. größerer Bildschirm, Großformatdrucker etc.), Schulungs- und jährliche Wartungskosten (ca. 300–600 Euro/Tag, respektive 10–15 Prozent vom Software-Listenpreis).
Was macht CAD für den Ingenieurholzbau fähig?
Der Ingenieurholzbau ist ein anspruchsvoller CAD-Einsatzbereich. Er ist gekennzeichnet durch individuell entworfene, auf den Erkenntnissen der modernen Holztechnik und des Ingenieurwesens basierende, statisch, formal und wirtschaftlich optimierte Tragstrukturen mit großen Spannweiten aus Brettschichtholz und anderen Holzwerkstoffen unter Verwendung von standardisierten oder individuellen Verbindungselementen aus Stahl. Frei geformte Bauteile in 3D müssen dabei ebenso konstruiert und dargestellt werden, wie komplizierte Bohrungen und Fräsungen bei Holzverbindungen oder komplexe Anschluss- und Verbindungsdetails mit anderen Baumaterialien. Jedes Holzprofil und jede Verbindung muss bis ins Detail bearbeitbar sein. Ebenso müssen Bohrungen, Schlitze, Zapfen, Stahlteile oder Beschläge millimetergenau platziert werden können. Das setzt ein volumenorientiertes 3D-CAD-Programm voraus, das eine freie 3D-Konstruktion ermöglicht, gleichzeitig aber auch möglichst vielfältige, zeitsparende Funktionen und Automatismen für die Holzbearbeitung bereithält. Über eine Statikanbindung kann die Konstruktion als räumliches Stabwerk an ein Berechungsprogramm übergeben werden. Eine grafische Darstellung der Verformungen sowie eine Übersicht über den Grad der Ausnutzung von Tragelementen vereinfacht die Kontrolle über die Konstruktion und statische Struktur und hilft bei deren Optimierung. Eine umfangreiche Bauteilbibliothek aus Standardbauteilen wie Holzprofilen, Trägern aus unterschiedlichen Holzwerkstoffen, Nagelbindern, Balkenschuhen, Integralverbindern, Anschlüssen an Stahlkonstruktionen und vielem mehr beschleunigt den Konstruktionsprozess. Ist dabei die zum Verbindungselement gehörende Maschinenbearbeitung (Schlitze, Bohrungen etc.) hinterlegt, kann man bei der anschließenden Vorbereitung automatischer Fertigungsabläufe im gesamten Produktionsprozess viel Zeit sparen und Fehler vermeiden.
Worauf achten?
Holzbau-CAD ist einerseits so vielfältig, andererseits sind die Anforderungen insbesondere von Ingenieurholzbau-Planern so unterschiedlich, dass man keine Empfehlung für das eine oder andere Programm aussprechen kann. Jede Lösung hat ihre Stärken und Schwächen, wobei man Letztere leider meist immer erst nach der Kaufentscheidung entdeckt. Im Vorfeld hilfreich können Messebesuche (BAU, BWS, Dach+Holz, Ligna etc.), Vorführungen oder Auskünfte von möglichst mehreren Anwendern (Kunden-Referenzliste, Anwendertreffen etc.) sein. Auf einige Punkte sollte man schon bei der Vorauswahl ein besonderes Augenmerk legen: Vom Architekten erstellte CAD-Grundrisse sollten mindestens per DXF-/DWG-Schnittstelle importiert werden können. Besser noch ist die Übergabe von 3D-Bauwerksdaten, wobei eine direkte Anbindung an ein CAD-Programm zusätzlich die Informationsverluste beim Datentransfer minimiert. Liegen keine digitalen Pläne vor, kommt man um eine komplette Neueingabe kaum herum. In diesem Fall sollte auch die Grundrisseingabe auf der Grundlage von Planvorlagen möglich sein. Wichtig ist, dass die aus dem 3D-Modell generierten 2D-Pläne möglichst wenig nachbearbeitet werden müssen. Dennoch sollten auch alle wichtigen 2D-Zeichen- und Editierfunktionen vorhanden sein. Die Benutzerführung sollte an das Bedien-Know-how des Anwenders anpassbar sein, denn geübte Anwender werden durch eine starre, hierarchische Menüstruktur im Arbeitsfluss gehemmt. Kurzwegtasten für alle (wichtigen) Funktionen sind deshalb vorteilhaft. Bei der Erstellung von LV-Texten oder Angeboten sollten alle Bauteile, bezogen auf die verschiedenen Dachschichten, ausgewertet werden. Neben den verwendeten Holzbauteilen sollten auch alle Verbindungsmittel, Stahlknotenpunkte in ihrer Geometrie und mit ihren Mengen und Maßen erfasst werden.
Automatische Fertigung und Trends
Die CNC-Technik ermöglicht eine einfache und schnelle Bearbeitung auch komplexer Bauteilgeometrien, bietet eine hohe Bearbeitungs- und Wiederholgenauigkeit und beschleunigt alle Fertigungsschritte. Zusatzprogramme berechnen alle Bauteile mit den erforderlichen Arbeitsschritten im benötigten Format und übertragen diese Daten an die Maschine. Diese sägt, fräst, bohrt, hobelt oder nagelt daraus selbstständig und auf den Millimeter genau die jeweiligen Bauteile, was gegenüber der konventionellen Arbeitsweise rund 80 Prozent an Arbeitszeit einspart. Abbundzentren bieten mittlerweile in allen Regionen entsprechende Dienstleistungen an. Wichtig bei der CNC-Übergabe sind direkte Schnittstellen zu CNC-Maschinen wie Abbund- oder Hobelanlagen, Multifunktions- oder Nagelbrücken bestimmter Hersteller. Bei der Ansteuerung von Multifunktionsbrücken sollte die Geometrie der Wand-, Decken- oder Dachelemente automatisch analysiert werden. Bearbeitungen wie Sägeschnitte, Bohrungen, Fräsungen, Abnagelungen etc. sollten abhängig vom Maschinentyp erkannt und direkt an die Maschine ausgegeben werden. Skizzen, in der alle Bearbeitungen übersichtlich und durch Farben getrennt dargestellt werden, erleichtern die Kontrolle. Da im Holzbau verstärkt plattenförmige Holzwerkstoffe (Brettsperrholz, Sandwichelemente etc.) eingesetzt werden, ist der PC auch als Zuschnitt-Optimierer gefordert. Beim sogenannten Nesting werden plattenförmige Bauteile so ineinander verschachtelt, dass eine optimale Ausnutzung der Rohplatte erzielt wird, wobei Holzwerkstoffe besondere Anforderungen stellen. Für jedes Bauteil sollte daher individuell bestimmt werden können, welche Parameter zu berücksichtigen sind: Faserrichtung, Oberfläche, Elementabstände für Schnitte, Falze, Nuten etc. Ein weiterer Trend sind organische, fließenden Formen, die gerade dem Holzbau zu neuer Popularität verholfen haben (Expo-Dach Hannover, Centre Pompidou Metz etc.). Zwar gehört auch die Freiform-Modellierung mithilfe von NURB-Splines zum Funktionsumfang jeder guten 3D-CAD-Software. Auch damit sind der Formenfreiheit jedoch Grenzen gesetzt. Nicht so bei speziellen Programmen für das sogenannte generative Modellieren. Hier wird die Form nicht 2D-zeichnend oder 3D-modellierend bestimmt, sondern anhand definierter, regelbasierter Prozeduren und parametrisch beschriebener Verknüpfungen generiert (siehe architektur 4/09, S. 96–98). Das generative Modellieren eröffnet auch und gerade im Ingenieurholzbau bisher ungeahnte Möglichkeiten bei der Formfindung und Konstruktion. Ingenieurholzbau-CAD verfügt zwar nicht über diese mächtigen Modellierwerkzeuge. Für die Weiterbearbeitung der Freiform-Geometriedaten, für die Generierung normgerechter Grundrisse, Ansichten, Schnitte oder Detailpläne ist CAD für den Ingenieurholzbau dennoch ein unverzichtbares Glied in der Kette von der ersten Entwurfsidee zum CNC-generierten Bauteil.
Produkte und Anbieter*
Allplan Holzbau www.nemetschek.com
Bocad www.bocad-holz.de
Cadwork www.cadwork.com
Dicam www.dietrichs.com
HSB CAD www.hsbcad.de
S&S Abbund www.abbund.com
* Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit
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Kategorie: EDV