Bauzeitenplanung: Die digitale Zeitmaschine
Projekte in einem möglichst knappen Zeitrahmen abzuwickeln, wird angesichts steigender Baukosten immer wichtiger. Software für die Termin- und Bauzeitenplanung kann Projektabläufe effizienter gestalten, Kosten sparen und die Terminsicherheit steigern.
Neben den Kosten gehören Termine zu den neuralgischen Punkten im Zusammenhang mit der Realisierung von Bauprojekten. Software für die Termin-, Bauzeiten-, Ressourcen- und Budgetplanung steigert die Termin- und Kostensicherheit, sorgt für straffere Planungs- und Realisierungszeiten sowie eine Einsparung an Zeit, Ressourcen und Kapital. Doch die Auswahl der richtigen Lösung ist nicht einfach, denn jede hat ihre Besonderheiten, Stärken und Schwächen.
Je detaillierter Vorgänge und Abhängigkeiten definiert werden, desto besser können Schwierigkeiten und Terminverzögerungen rechtzeitig erkannt und desto gezielter kann das Projekt gesteuert werden. Foto:©Gripsware Datentechnik
Terminsicherheit statt „Bauchgefühl“
Bisher wurden Zeiten und Tätigkeiten auf Papier in Form eines Balkenplans, auch Gantt-Diagramm genannt, dargestellt. Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Vorgängen sowie Terminverschiebungen und deren Auswirkungen ließen sich damit allerdings nicht darstellen, gewerkübergreifende Terminverschiebungen konnten eher erahnt als exakt beziffert werden. Planer und Bauleiter, die sich nicht auf ihr „Bauchgefühl“ verlassen wollen, nutzen inzwischen digitale Termin- und Bauzeitenplaner: Damit lassen sich die einzelnen Vorgänge mathematisch miteinander verknüpfen und deren Abhängigkeiten definieren, sodass sich schnell berechnen lässt, welche Folgen die Terminverschiebung eines oder mehrerer Gewerke auf Folgetermine hat. So wird die tatsächliche Terminsituation transparent und es kann rechtzeitig eingegriffen werden, wenn der Beginn von Folgearbeiten oder gar der Fertigstellungstermin gefährdet ist. Neben dem Terminaspekt spielen „Wenn-Dann-Analysen“ eine wichtige Rolle bei der Auslotung von Alternativen. Sind zusätzlich die Kostensätze für Vorgänge und Tätigkeiten im Programm hinterlegt, kann schnell die kostengünstigste Variante ermittelt werden. Auch Personal, Fahrzeuge und Geräte lassen sich effizienter einsetzen. Balkenpläne werden deshalb nicht nur für die externen Koordinationen der Projektbeteiligten und Gewerke auf der Baustelle, sondern auch für die bürointerne Personal- und Ressourcenplanung genutzt. Häufig sind sie deshalb ein modularer Bestandteil von Büro- und Projektmanagement-Programmen (BMSP).
Wie funktioniert die „Planung der Planung“?
Nach der Projektbeschreibung werden zunächst sogenannte Meilensteine definiert, worin essenzielle Projektrahmendaten (Grundlagenermittlung, Entwurfs-, Genehmigungs- und Werkplanung, Ausschreibung, Rohbaufertigstellung, Ausbauphase, Bezug) festgelegt werden. Während der folgenden Phasen werden diese Meilensteine stufenweise detailliert. Dabei erhält jede Bauphase einen immer höheren Detaillierungsgrad, da hinter jedem der Gewerke eine Vielzahl weiterer Vorgänge und Tätigkeiten steckt. Terminplanungs-Programme bieten damit die Möglichkeit, ein Projekt in mehrere Detailpläne zu strukturieren. Je detaillierter eine Projektplanung ist, desto aufwendiger ist sie, aber desto besser können Schwierigkeiten und Terminverzögerungen vermieden und desto gezielter kann das Projekt in der Realisierungsphase gesteuert werden. Der „kritische Weg“ wird an jenen Stellen markiert, an denen die Terminänderung eines Vorgangs die Gesamterstellungszeit eines Bauwerks beeinflussen kann. Ferner lassen sich Pufferzeiten oder der früheste/späteste Arbeitsbeginn für einzelne Gewerke ermitteln. Dabei werden für den gesamten Projektablauf die Vorlaufzeiten, die Koordination zwischen den einzelnen Planern, Ausschreibungs- und Vergabezeiten sowie der Ablauf der Bauausführung mit der Dauer der einzelnen Vorgänge sowie der gegenseitigen Abhängigkeiten miteinander verknüpft. Da der Fertigstellungstermin in der Regel feststeht, dient er als Basis für die terminliche Rückrechnung. Werden alle Vorgänge eingetragen und miteinander verknüpft, lässt sich schnell der Beginn der einzelnen Arbeiten, respektive der Bauausführung ermitteln.
Worauf sollte man achten?
Technisch unterscheiden sich Bauzeitenplanungsprogramme hauptsächlich darin, wie komplex Projekte sein können, ob mehrere Anwender an einem Projekt gleichzeitig arbeiten (Multiuser) und mehrere Projekte unter Berücksichtigung gegenseitiger Abhängigkeiten miteinander verknüpft werden können (Multiprojekt). Messbar wird die Komplexität der Projekte durch die maximale Anzahl von „Vorgängen“. Das sind alle im Rahmen eines Projektes geplanten Ereignisse oder Tätigkeiten. Üblich sind bei kleinen Projekten bis zu 1.000, bei mittleren Projekten bis zu 10.000 Vorgänge. Großbauvorhaben erfordern eine andere Programmkategorie mit bis zu 100.000 verwaltbaren Vorgängen pro Projekt. Ferner sollten Balkenpläne beliebig strukturierbar sein – von der Übersichts- bis zur Detailplanung (üblich sind 10-24 Strukturierungsstufen). Ein integrierter Kalender sollte die Feiertagsregelungen der verschiedenen Bundesländer berücksichtigen. Daneben sollte er projektspezifisch definierbar sein, beispielsweise wenn aufgrund drängender Fertigstellungstermine mit den ausführenden Firmen besondere Arbeitszeiten vereinbart werden. Daher sollten sowohl Arbeitstage pro Woche als auch Arbeitszeiten pro Tag definiert werden können. Ferner sollte der Arbeitswochenbeginn frei bestimmt werden können, ebenso wie freie Tage. Auch die Dauer eines Vorgangs sollte in Arbeitstagen oder Kalendertagen angegeben werden können. Die Ablauf- und Terminplanung bildet den Kern von Bauzeitenplanern mit einer Vielzahl von Funktionen. Während beispielsweise die Berechnung des „kritischen Wegs“ zu den Standardfunktionen gehört, ist es z. B. kein Standard, dass Projekte, Vorgänge und Ressourcen jeweils eigene Kalender erhalten. Das ist etwa dann wichtig, wenn die Arbeit über das Wochenende zwar ruht, aber beispielsweise Trocknungszeiten kontinuierlich weiterlaufen.
NEVARIS und AUER Success: In AVA- oder Projektmanagementlösungen eingebundene Bauzeitenplaner nutzen vorhandene Projektdaten optimal und erübrigen fehlerträchtige Mehrfacheingaben.
Was ist noch wichtig?
Viele weitere Funktionen sind relevant – am wichtigsten aber ist, dass die Terminplanung essenzielle Fragen beantwortet: Wie lange dauert das Projekt? Welche Risiken können auftreten? Welche Faktoren können das Projekt verzögern? Welche Vorgänge sind besonders zeitkritisch? Ist das Projekt im Zeitplan? Wie kann man es kostengünstig beschleunigen? Weitere (optionale) Berechnungsfunktionen betreffen die Ressourcen sowie die den Vorgängen zugeordneten Kosten: Werden Ressourcen (Mitarbeiter, Fahrzeuge, Geräte, Ausrüstung etc.) den zu erledigenden Aufgaben zugeordnet, zeigen Diagramme die Über- oder Unterbelegung einer Ressource an und helfen, die Arbeitsauslastung optimal zu verteilen. Die Zuordnung von Ressourcen und Vorgängen sollte in früher Projektphase, beispielsweise auf der Qualifikationsebene, möglich sein und erst später durch konkrete Personen ersetzt werden. Zeigt die Kapazitätsüberprüfung, dass eine Ressource überlastet ist, sollten alle dazu beitragenden Vorgänge angezeigt werden, um schneller Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Im Rahmen des Multiprojekt-Managements ist ferner eine Abstimmungsmöglichkeit von in mehreren Projekten gemeinsam genutzten Ressourcen wichtig. Auch als internes Kostencontrolling-Instrument eignen sich Bauzeitenplaner. Sind die Kosten für Vorgänge im Programm hinterlegt, lassen sich Varianten auch unter dem Kostenaspekt bewerten. Terminverschiebungen während der Bauzeit gegenüber dem Bauzeitenplan werden nur dann rechtzeitig erkannt, wenn der tatsächliche Baufortschritt regelmäßig vom Anwender im Programm erfasst wird. Werkzeuge zur Fortschrittsverfolgung und dynamische Statusberichte halten Teammitglieder auf dem Laufenden. Ein Soll-Ist-Abgleich stellt – in der Regel grafisch – die Abweichungen zwischen geplantem und tatsächlichem Projektverlauf dar. Dabei sollten zeitlich befristete Verzögerungen (z. B. Schlechtwetter) ebenso berücksichtigt werden, wie Verzögerungen, die sich kontinuierlich auf die Gesamtdauer eines Vorgangs auswirken (z. B. Krankheitsfall). Auf dieser Basis ermitteln die Programme Prognosen über den weiteren Verlauf der Arbeiten. Auch die Anzeige/Ausgabe ist wichtig: Vorgänge und Abläufe sollten wahlweise als Balken-, Struktur- oder Netzplan darstellbar sein. Auch Flowcharts können der optimalen Visualisierung von Abläufen und Strukturen dienen. Eine Historien-Funktion sollte Planungsstände dokumentieren und Vergleiche mit der aktuellen Planung ermöglichen. Balkenpläne größerer Projekte neigen zur Unübersichtlichkeit, weshalb mehrere Anzeigevarianten zur Verfügung stehen sollten (mehrere Vorgangsbalken pro Zeile, Vorgangsfilter etc.). Das ist insbesondere im Hinblick auf die Anzeige und die Erfassung von Ist-Zeiten auf kleinformatigen Mobilgeräte-Displays wichtig. Für die Farb- oder SW-Druckausgabe sollten die Balken alternativ mit Farben oder Mustern dargestellt werden können. Per Posterdruck-Funktion lassen sich auch große Formate auf kleinen Druckern ausgeben, eine Druckvorschau mit Zoomfunktion hilft, Papier zu sparen.
Welche Lösungen gibt es?
Da Projekt- oder Bauleiter für Schulungen wenig Zeit haben, sollte die Software möglichst ohne Schulungsaufwand produktiv nutzbar sein. Eine einfache, am Office-Standard orientierte Bedienung ist dabei ebenso Voraussetzung wie ein durchdachtes, konsequentes Bedienungskonzept. Es sollte ebenso über „Bedienassistenten“ für Einsteiger, wie über Profi-Kurzwegtasten für einen schnellen Funktionszugriff verfügen. Zu den Kostenaspekten zählen neben dem Kaufpreis auch der Support (Erreichbarkeit, Kosten) sowie Updates und Upgrades auf neue Versionen. Software für die Bauzeitenplanung ist sehr vielfältig. Sie ist als einfaches Excel-Tool, als eigenständige Software oder als Baustein einer modularen AVA- (z. B. NEVARIS) oder BMSP-Lösung (z. B. UntermStrich) erhältlich. Letzteres hat Vorteile – etwa dass man auf vorhandene Projektinformationen zurückgreifen und Stammdaten nicht neu eingeben muss. Außerdem muss sich der Anwender nicht auf ein anderes Bedienungskonzept umstellen. Aus den Projekt- und Ausschreibungsdaten lässt sich meist ein grober Balkenplan ableiten, der angepasst und ergänzt werden muss. Es gibt auch zahlreiche branchenneutrale Projektplanungsprogramme mit einem großen Funktionsumfang. Diese berücksichtigen aber meist nicht spezifische Belange des Bauwesens und verwenden andere Begrifflichkeiten. Auch cloudbasierende Lösungen gibt es inzwischen – beispielsweise OpenProject oder Projectplace. Sie ermöglichen eine gemeinsame Projektarbeit sowie einen mobilen Zugriff über das Internet. Entsprechend breit ist auch die Preisspanne digitaler Bauzeitenplaner. Sie liegt – je nach Konzept und Leistungsumfang – zwischen 0 (Open Source-Software), einigen (15-30) Euro pro Monat bei Mietsoftware und einigen hundert bis mehrere Tausend Euro für konventionelle Desktop-Lösungen.
Werden Bauteile des BIM-Bauwerksmodells mit Terminen verknüpft, so ermöglicht das Bauablaufsimulationen oder Kollisionsprüfungen. Foto:©Asta Develompment
Vom Weg-Zeit-Diagramm zur 4D/5D-Simulation
Eine Besonderheit sind Linien- oder Streckenbaustellen wie Straßen-, Gleis-, Tunnel-, Pipeline- oder Brückenbaustellen, aber auch Hochhäuser: Zur Vielzahl von Terminen und Abhängigkeiten kommt hier die Abhängigkeit der Vorgänge mit dem räumlichen Voranschreiten der Baustelle. Das lässt sich übersichtlich in sogenannten Weg-Zeit-Diagrammen darstellen (z. B. mit TILOS oder Pro-Via). Sie verknüpfen bei linienbezogenen Projektstrukturen die Terminplanung des Bauablaufs mit Lageplänen, Ansichten oder Schnitten des Bauprojekts und bilden eine Ergänzung zu den konventionellen Balken- und Netzplänen. Stellt die traditionelle Netzplantechnik nur Zeitabstände zwischen den Vorgängen dar, zeigen Weg-Zeit-Diagramme auch Wegabstände. Parallel laufende Tätigkeiten lassen sich dadurch einfacher koordinieren, Überschneidungen und Konflikte besser erkennen. Vorteile bei der Verknüpfung von Projektzeiten und Geometrien bietet auch die 4D-Simulation: Kommt zur dritten Dimension des CAD-, respektive BIM-Gebäudemodells (Building Information Modeling) die vierte Dimension „Zeit“ hinzu, kann der geplante Bauablauf simuliert werden. Dazu werden die BIM-Bauteile mit Vorgängen des Bauzeitenplans verknüpft. Bei der 4D-Simulation werden über einen bestimmten Zeitraum Vorgänge durch eine Änderung der Darstellung der verknüpften CAD-Objekte visualisiert (Ein-/Ausblenden, Farbänderung etc.). Damit lassen sich im Vorfeld gewerkübergreifend zeitliche Konflikte auf der Baustelle aufdecken. Bei einer 5D-Simulation wird neben dem 3D-Gebäudemodell und der Zeit auch die Baukostenentwicklung berücksichtigt. Beispiele für 4D/5D-Simulationen sind Autodesk NavisWorks, Asta Powerprojekt BIM oder RIB iTWO.
Mittels farbiger Vorgangsbalken und Grafiken wird die Projekt- und Kostenentwicklung optimal angezeigt. Foto:©Computerworks FastTrack Schedule
Fazit: Know-how und Erfahrung sind ebenso wichtig
Ein wirtschaftliches, effizientes Termin- und Ressourcenmanagement ist ohne Softwareunterstützung heute nicht mehr möglich. Doch auch das beste Programm kann Probleme während der Ausführung nicht vorhersehen oder gar verhindern. Auch das Eingeben der Soll- und das kontinuierliche Einpflegen der Ist-Daten, nimmt die Software dem Anwender nicht ab. Zudem liegt es in seiner Verantwortung, dass Termine, Zeitspannen, Abhängigkeiten, Witterungseinflüsse, örtliche Besonderheiten korrekt eingegeben und alle Einflussfaktoren angemessen berücksichtigt werden. Damit Bauzeiten nicht aus dem Ruder laufen, bedarf es deshalb nicht nur einer guten Software, sondern auch Fachwissen und Erfahrung.
Weitere Infos*
www.bauzeitenplaner.de Übersicht Bauzeitenplanungs-Software
www.dvpev.de Projektmanager-Verband Bauwirtschaft
www.managementsoftware.de Software und Infos für Manager
www.pmaktuell.org Projektmanagement-Fachmagazin
www.projektmagazin.de Fachportal für Projektmanagement
www.volkmann-pm.de Download: PM-Grundlagen/Werkzeuge
Literaturhinweise und Quellen*
[1] Bielefeld, B.: Basics Terminplanung, Birkhäuser Berlin 2009
[2] Kalusche, W.-D.: Projektmanagement für Bauherren und Planer, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2011
[3] Kochendörfer, B./Liebchen, J.H./Viering, M.G.: Bau-Projektmanagement, Grundlagen und Vorgehensweisen, Springer Vieweg, Wiesbaden 2010
[4] Tulke, J.: Kollaborative Terminplanung auf der Basis von Bauwerksinformationsmodellen, Verlag der Bauhaus-Universität Weimar, Weimar 2010, Download: https://e-pub.uni-weimar.de/opus4/frontdoor/deliver/index/docId/1424/file/Dissertation_OPUS_2010_07_30_pdfa.pdf
Weitere Literaturtipps: www.bauzeitenplaner.de/bauzeitenplanung-fachliteratur.php
*ohne Anspruch auf Vollständigkeit
Text:©Marian Behaneck
Kategorie: EDV