Baukostenmanagement-Software: … Kontrolle ist besser!
Kostensicherheit wird zu einem immer wichtigeren Aspekt bei der Beurteilung planerischer Qualitäten. Doch wer Projekte und Kosten im Griff behalten will, kommt ohne Software heute nicht mehr aus. Welche Vorteile bieten spezielle Kostenmanagement-Lösungen gegenüber Word, Excel & Co, und welche Produkte/Anbieter gibt es?
Überschrittene Baukostenprognosen sorgen immer wieder für Kritik und bestätigen vermeintlich das Bild der Öffentlichkeit vom kreativen, aber selten kostenbewussten Architekten. Neben einem einhergehenden Renommee-Verlust generieren Baukostenüberschreitungen regelmäßig Ärger: Private Bauherren kommen in Finanzierungsnöte, bei öffentlichen Projekten werden Kontrollstellen mit der Ursachenforschung beauftragt – eine Konfrontation zwischen Auftraggeber, Planer und Ausführenden ist vorprogrammiert.
Die Rechtsprechung stuft die Einhaltung verbindlich vereinbarter Kostenobergrenzen als Teil der umfassenden vertraglichen Beratungspflicht des Planers ein. Kommt er dieser nicht nach, kann das unangenehme Folgen haben – bis hin zu einer Schadenersatzpflicht gegenüber dem Bauherrn. Um vor drohenden Kostenüberschreitungen rechtzeitig warnen zu können, muss der Planer zwangsläufig die Baukosten kontinuierlich überwachen.
Angesichts immer komplexerer Zusammenhänge und Abläufe sind moderne Kontrollwerkzeuge, die einen schnellen Abgleich aktueller Soll- und Istwerte ermöglichen, unverzichtbar.
{gallery}0610EDV{/gallery}
Ursachen und Kontrollmechanismen
Wirtschaftlich schwierige Zeiten sorgen auch im Bauwesen für mehr Kostensensibilität. Die Ursachen für Kostenüberschreitungen sind vielfältig: behördlich angeordnete Planungsänderungen, durch Bauherrenwünsche erforderliche Umplanungen, Fehleinschätzungen des Planers, fehlerhafte/unvollständige Ausschreibungen, unerwartete Preissteigerungen, durch Ausführungsmängel bedingte Zusatzleistungen, auf schlechtes Wetter zurückzuführende Verzögerungen etc. Ein wirksames Mittel, Baukosten im Griff zu behalten, ist das Kostenmanagement. Darunter wird die Summe aller Maßnahmen aus der Kostenplanung und Kostenverfolgung verstanden.
Die Baukostenplanung entspricht einer Vorausberechnung der zu erwartenden Kosten. Sie bildet die Basis jedes erfolgreichen Kostenmanagements und wird, entsprechend der einzelnen Planungsphasen und Detaillierungstiefen, in die Kostenschätzung, Kostenberechnung und den Kostenanschlag gegliedert.
Mit zunehmendem Projektfortschritt nimmt die Genauigkeit der zugrundeliegenden Informationen zu, sodass auch die Präzision der Kostenermittlung wächst. Die Kostenverfolgung begleitet als durchgängiger Prozess die gesamte Projektplanung und -ausführung bis zum Projektabschluss und verfügt über Werkzeuge zur Kontrolle, Steuerung und Prognose von Baukosten [1]. Steuern kann nur der, wer sein Ziel und seine aktuelle Position kennt. Im Rahmen der Baukostenkontrolle werden deshalb aktuelle Kostenstände (Istwerte) mit Sollwerten verglichen, die sich aus obigen Vorausberechnungen, Kostenvorgaben (Budgetwerten) sowie den Ausschreibungsunterlagen ergeben. Damit wird kontinuierlich überwacht, ob sich die tatsächlichen Kosten im geplanten Rahmen entwickeln, ob Verteuerungen auftreten und wenn ja, wo. Die Baukostensteuerung sorgt mit Eingriffen in die Planung gezielt für den Abbau von Kostenüberschreitungen in einzelnen Bereichen, um so den Gesamt-Kostenrahmen einzuhalten. Einspareffekte lassen sich durch eine Reduktion von Qualitäten (z.B. preiswertere Baumaterialien), Quantitäten (z. B. Verringerung der Nutzfläche) sowie Funktionen (z. B. Verzicht auf Klimaanlage) erzielen.
Dabei sollten im Idealfall jedoch nicht nur die Kosten für die Errichtung, sondern auch für die spätere Nutzung berücksichtigt werden. Im Rahmen von Kostenprognosen werden während der Ausführungsphase und unter Berücksichtigung von Rechnungen, Aufträgen, Nachträgen etc. die zu erwartenden Kosten nach Projektabschluss vorausberechnet. Grundlage für Baukostenberechnungen aller Art bildet in Österreich die neue ÖNORM B 1801-1, die seit dem 1. 6. 2009 inkraft ist, respektive in Deutschland die DIN 276 von 2006. Die Normen legen Begriffe, Unterscheidungsmerkmale sowie Gliederungen fest, schaffen damit die Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse und eine Durchgängigkeit der Daten.
Welche Kostenmanagement-Werkzeuge gibt es?
Für die Kostenplanung und -steuerung stehen verschiedene Werkzeuge zur Verfügung, wobei in der Praxis am häufigsten Tabellenkalkulationsprogramme und entsprechende Funktionen/Module von AVA-Programmen zum Einsatz kommen. Aufgrund der Verbreitung des Microsoft-Office-Pakets werden Excel, aber auch andere Tabellenkalkulationsprogramme noch immer sehr häufig für die Kostenplanung und Kostenverfolgung genutzt. Neben der Tatsache, dass dies eine kostengünstige Lösung ist – weil meist ohnehin vorhanden – lassen sich auf Basis dieser Standard-Software auch relativ flexible Lösungen entwickeln. Mithilfe von Formeln und Makros können Tabellenkalkulationsprogramme an individuelle Erfordernisse angepasst werden. Nachteilig sind, neben eben dieser Notwendigkeit zur Anpassung, die teilweise Programmkenntnisse voraussetzt, mögliche Fehlerquellen wie Rundungsfehler, durch Copy & Paste resultierende Folgefehler, falsche/fehlende Zellenverknüpfungen etc.
In vielen Büros hat sich mittlerweile die Baukostenkontrolle mithilfe von AVA-Programmen bewährt. Basis für ein erfolgreiches Baukostenmanagement ist nämlich eine möglichst genaue und vollständige Leistungsbeschreibung samt Ausschreibung. Je präziser die Ausschreibung ist, desto sicherer ist der Bauherr vor unerwarteten Zusatzkosten. Massen- und Mengendaten ermöglichen exakte Kostenprognosen, Rechnungen lassen sich auf der Grundlage der Leistungsverzeichnisse Position für Position prüfen, Nachträge verwalten etc. Es ist deshalb stringent und logisch, AVA-Software auch für die Kostenverfolgung einzusetzen. Fast alle deutschsprachigen AVA-Programme bieten mittlerweile entsprechende Funktionen und Module (siehe auch architektur 7/09), jedoch wird nur ein Teil auch hierzulande vertrieben, respektive nur ein Teil berücksichtigt bereits die aktuelle ÖNORM B 1801-1:2009.
Allgemeines Kostenmanagement, meist lediglich ein Baustein einer umfassenden Projektmanagement-Lösung wie Blue Ant, Geniusproject, Projectron und andere, wird von Bauplanern eher selten eingesetzt, da die Software meist zu umfangreich ist und bauspezifische Bezüge fehlen. Über Internet-Browser bedienbare Online-Kostenmanagementwerkzeuge bieten den Vorteil des zeit- und ortsunabhängigen Zugriffs berechtigter Projektbeteiligter auf stets aktuelle Projektdaten, ähnlich einer Internet-basierenden Projektmanagementlösung (IBPM). Mit diesen Online-Kostenmanagern gibt es jedoch noch keine Erfahrungswerte, da sie sich erst in der Entwicklungsphase befinden.
Vorteile rechnergestützter Kostenkontrolle
Auch wenn Projektmanager ganz ohne Excel & Co in der Praxis kaum auskommen, weil die eine oder andere (Detail-)Auswertung damit schneller geht – die Kostenmanagement-Funktionen von AVA-Programmen bieten Vorteile: Dank durchgängiger Datennutzung, automatischer Berechnungen und Auswertungen, Plausibilitätskontrollen etc. lässt sich der gesamte Aufgabenbereich des Kostenmanagements in einem Bruchteil der sonst dafür notwendigen Zeit bewerkstelligen. Bestes Beispiel: die Kostenermittlung mithilfe der im Laufe der Jahre immer besser gewordenen CAD-AVA-Koppelung, zu der es unterschiedliche herstellerspezifische Ansätze gibt, die aber letztlich dem gleichen Prinzip folgt: Alle Bauteilelemente des im Zuge der CAD-Planung erarbeiteten 3Dmodells werden wahlweise aus unterschiedlichen Quellen (Bauteildatenbanken, eigene Ausschreibungen, freie Definition etc.) mit Leistungsbeschreibungen und Einheitspreisen verknüpft. Diese erweiterten CAD-Daten fließen direkt in die Leistungsbeschreibung oder Kostenermittlung der AVA-Programme ein. Plausibilitätsprüfungen sind anhand von Mengenansätzen inklusive Rechenweg sowie anhand einer grafischen Darstellung im Gebäudemodell einfach möglich. Da die Mengen pro Position direkt aus der CAD-Geometrie ermittelt werden und für die Kostenberechnung zur Verfügung stehen, sind erstaunlich schnell präzise Kostenvorhersagen parallel zum Planungsprozess möglich, und auch kurzfristige Änderungswünsche des Bauherrn lassen sich mit vergleichsweise wenig Aufwand kalkulieren. Natürlich können in früher Projektphase Kosten statt nach der Element-, wahlweise auch nach der gröberen Flächen- oder Rauminhalt-Methode berechnet werden.
Da die im CAD verwendeten Konstruktionen oder Bauteile mit Leistungen und Kosten in Form eines Element-, Raum- und Gebäudebuches beschrieben sind, sind auch für die Planung und Bauherrenberatung wichtige grafische Auswertungen möglich: Kosten pro Raum oder Baugruppe, Kosten nach ÖNORM/ DIN oder Leistungsbereichen, Auflistung der teuersten Bauteile oder Positionen, Analyse nach der sogenannten ABC-Methode, wonach ca. 10–20 Prozent aller LV-Positionen ca. 70–80 Prozent der gesamten Bauleistung ausmachen (A-Positionen) etc.
All dies vereinfacht und beschleunigt im Rahmen von Kostensteuerungsmaßnahmen die gemeinsame Entscheidung des Planer und Bauherrn/Investors, an welcher Stelle qualitative oder quantitative Einsparungen vorgenommen werden können. Natürlich lassen sich im Zusammenhang mit der Kostenkontrolle die Kosten aus Schätzung, Berechnung, Anschlag und Feststellung einander gegenüberstellen, samt Anzeige der Veränderungen und deren Verursacher. Alternativ können die Kosten auf Basis der Vergabeeinheiten aus Berechnung, Vergabe und Abrechnung verglichen werden. Auch im Zusammenhang mit Kostenprognosen werden die Vorteile des EDV-Einsatzes deutlich: Da im Rahmen der Rechnungsprüfung, Auftrags- und Nachtragsverwaltung, Änderungsverfolgung etc. alle Daten zeitnah zur Verfügung stehen, sind in jeder Ausführungsphase Kostenprognosen möglich, auch wenn beispielsweise bei den Erdarbeiten schon Schlussrechnungen samt Nachträgen, dagegen für Ausbauarbeiten gerade die Ausschreibungen laufen. Damit hat der Planer zudem eine laufend aktuelle Übersicht, in welchen Bereichen Kosten noch gesteuert werden können. Vom Bauherrn verursachte Abweichungen vom Kostenziel lassen sich als solche erkennen und darstellen.
Damit sich der Datenkreislauf schließt, können schließlich im Rahmen der Kostenauswertung gewonnene Abrechnungsdaten immer wieder in eigene Kataloge eingepflegt werden, was künftige Kostenschätzungen zunehmend präziser macht.
Software schafft alleine keine Kostensicherheit!
Abweichungen von Baukostenprognosen sind mehr oder weniger untrennbar mit jeder Bautätigkeit verbunden. Deshalb gehören Kostenüberschreitungen (seltener: die Einhaltung oder gar Unterschreitung von Kosten) zum Normalfall, und deshalb kann heute – auch im Hinblick auf rechtliche Konsequenzen – kein Planer mehr auf geeignete Werkzeuge für die Kostenplanung und -verfolgung verzichten. Trotz einiger Problempunkte bei der Entwicklung und Nutzung aktueller Software-Lösungen (Berücksichtigung im CAD nicht erfasster Bauteile, Auswertung mehrschaliger Wände, Mischung automatisch generierter und manuell ergänzter Positionen, Einpflegen von Planungsänderungen etc.), aber auch planungs-/bürobedingter Hürden (Ausschreibung parallel zur Entwurfsplanung, personelle Arbeitsteilung CAD-/AVA etc.), hat sich AVA als Kostenmanagement-Werkzeug vielfach bewährt. Voraussetzung ist freilich, dass im Büro konsequent mit 3D-Bauteilen geplant wird, denn aus 2D-Plandaten lassen sich keine Bauelemente auswerten. Weitere Voraussetzung: die Begleitung eines erfahrenen Projekt-/Kostenmanagers – und nicht zuletzt: Kostendisziplin! Ohne Kostensensibilität sowie der Bereitschaft zu Qualitäts- und/oder Quantitätsabstrichen seitens des Bauherrn UND Planers lassen sich gesteckte Kostenziele kaum einhalten.
Programme und Anbieter*
Abisava www.abis-software.com
ABK 7 www.abk.at
ArchiAVA www.a-null.com
arcoSoft AVA www.arcosoft.at
Arriba www.dikraus.at
Auer Success www.bausoftware.at
Avanti/Tango www.softtech.at
California 3000/ California.Pro www.gw-software.de
Orca AVA www.orca-software.com
Pallas www.architext.de
Proman Kostenmanagement www.proman.at
Sidoun/COOR www.sidoun.at
Valerio Manager www.valerio.at
Weitere Infos, Literatur und Quellen*
[1] Mathoi, T.: Kostenverfolgung im Hochbau, 4. PM-Bau
Symposium, Tagungsband 2009 (www.pm-bau-symposium.at)
Oberndorfer, W. (Hrsg.): Organisation und Kostencontrolling von Bauprojekten. Kostenplanung und Kostenverfolgung im Hochbau, Manz, Wien, 2007, ISBN 978-3214130886
Seifert, W., Preussner, M.: Baukostenplanung. Kostenermittlung, Kostenkontrolle, Kostensteuerung, Haftung bei der Kostenplanung, Werner, Neuwied, 2009, ISBN 978-3-8041-3187-3
Siemon, K.D.: Baukosten bei Neu- und Umbauten. Praxis, Planung und Steuerung, Vieweg+Teubner, 2009, ISBN 978-3-8348-0627-7
* Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit!
Kategorie: EDV