BCF: Gelbe Zettel für BIM-Modelle
BIM-Projekte setzen einen koordinierten Informationsaustausch voraus. Das BCF-Format vereinfacht die Zusammenarbeit und optimiert die Abstimmung von BIM-Fachmodellen.
Das BCF-Format vereinfacht die Koordination von BIM-Projekten – die persönliche Kommunikation kann es aber nicht ersetzen. © AllesWirdGut Architektur ZT
Planer kennen das: Die Lage von Kollisionen oder Problempunkten im Plan einem Projektpartner am Telefon zu beschreiben, ist anstrengend. Auch wenn er auf der anderen Seite der Leitung denselben Planstand vorliegen hat, kann es zu Missverständnissen kommen. Die Zeit, die man braucht, um zu beschreiben, welches Bauteil in welchem Bauabschnitt, Geschoss, Raum, bei welcher Wand, Stützen- oder Trägerachse man genau meint, könnte sinnvoller für die Problemlösung genutzt werden. Deshalb wurde mit dem BIM Collaboration Format (BCF) ein Standard geschaffen, mit dem Probleme oder Kollisionen im BIM-Modell per Mausklick inklusive der dazugehörigen Informationen angezeigt werden. BCF ist aber mehr als ein „smarter Gelber Zettel“ für BIM-Modelle…
Gegenüber der herkömmlichen Erfassung von Kollisionen per Excel-Liste und korrespondierendem Screenshot bietet das BCF-Format viele Vorteile. © AllesWirdGut Architektur ZT
Was ist und was kann BCF?
Das BIM Collaboration Format (BCF) ist, wie das BIM-Datenaustauschformat IFC, ein offener, herstellerneutraler openBIM-Datenstandard für den digitalen Austausch von Kommentaren, Anfragen, Kollisionsberichten oder allgemeinen Informationen zu BIM-Bauwerksmodellen. Während IFC den Austausch und die Koordination von BIM-Modellen ermöglicht (architektur 04/20: IFC: Schnittstelle zur BIM-Welt), vereinfacht das BCF-Format den Austausch modellbezogener Nachrichten und Informationen zwischen Projektbeteiligten. BCF enthält nur Kommunikationsdaten, keine Modellgeometrie. Das hat Vorteile: Für den Informationsaustausch müssen keine sperrigen BIM-Modelle hin- und hergesandt werden und eine Kommunikation ist auch zwischen unterschiedlichen Programmen möglich. BCF ermöglicht somit eine flexible Koordination zwischen Projektpartnern, die im Rahmen eines Big/Open BIM-Projektes mit unterschiedlichen Programmen an unterschiedlichen Fachmodellen arbeiten. Bei der Zusammenführung von BIM-Fachmodellen erkannte Probleme lassen sich so schneller und effizienter gemeinsam lösen, als das mit herkömmlichen Methoden (PDF-Planversand, Telefon, E-Mail) möglich wäre. Eine Besonderheit des BCF-Formats ist die intelligente Kommunikation von BCF mit den beteiligten Programmen: BCF erkennt, welche Bearbeiter, Programme, Bauteile oder Elemente an einem Problem beteiligt sind. Das können auch mehrere Elemente sein, beispielsweise ein Lüftungskanal und ein Wanddurchbruch. Erstellt der Bearbeiter einen Screenshot eines Kollisionspunktes und versendet er ihn als BCF-Datei an einen beteiligten Projektpartner, erhält dieser in seinem Programm die BCF-Nachricht mit exakt der gleichen Ansicht des Problems.
Das, was im CAD oder BIM-Modellprüfungsprogramm als Problem erkannt wurde, … © Data Design System
Analysen optimieren Prozesse
Dank einer eindeutigen Identifikationsnummer für jedes Objekt im BIM-Modell, zoomt sich das Programm automatisch auf den betreffenden Modellausschnitt ein. Man muss also nicht mehr zum Beispiel nach einer falsch positionierten Steckdose im gesamten Gebäudemodell suchen. Jede BCF-Nachricht ist ebenfalls mit einer Identifikationsnummer versehen, so dass man nachverfolgen kann, wer welche Probleme gemeldet hat, welche noch ungelöst sind und welche bereits behoben wurden. Wurde ein Problem gelöst, erhalten der BIM-Projektmanager und alle Beteiligten eine entsprechende Nachricht. Auch Analysen sind möglich, beispielsweise wie viele Konflikte in einer bestimmten Zeit für welche Projekte, Bauabschnitte, Gewerke etc. gemeldet wurden. Über die Auswertungsfunktion lassen sich beispielsweise Statistiken zu besonders problemanfälligen Bauteilen oder der Dauer von Problembehebungen erstellen. Das hilft, die Qualität der Planung zu verbessern und Prozesse zu optimieren. Nützlich ist das BCF-Format in jeder Projektphase: In der Entwurfsphase können Alternativen diskutiert und kommentiert werden, in der Genehmigungs-, Werk- und Detailplanung lassen sich im BIM-Koordinationsmodell erkannte Probleme schneller und effizienter gemeinsam lösen, in der Ausführungsphase kann man Einbau- und Montagehinweise oder Änderungen festhalten. Auch bei der Übergabe von AsBuilt-Modellen sind digitale Gelbe Zettel nützlich: man kann damit auf wichtige Punkte, Änderungen oder Besonderheiten hinweisen, für den Gebäudebetrieb Wartungs- und Instandhaltungsanweisungen hinterlegen und so weiter.
… kann als BCF-Nachricht erfasst und dem Projektpartner zugeschickt werden. © Data Design System
Was enthält eine BCF-Datei?
In einer BCF-Datei sind Informationen in codierter Form enthalten, anhand derer eine BIM-Software über Konflikte informiert wird, die in einer anderen BIM-Software gefunden wurden. Das ursprünglich 2010 von Solibri und Tekla entwickelte Datenformat BCF wird heute unter der Federführung von buildingSMART International weiterentwickelt. Vor allem seit der Version 2.0 von 2014 wird BCF mittlerweile von vielen bauspezifischen CAD- oder BIM-Modellprüfprogrammen unterstützt. Die verbesserte und erweiterte Version 2.1 ist noch nicht verbreitet. BCF basiert auf dem textbasierten, für die Darstellung hierarchisch strukturierter Daten konzipierten XML-Datenformat. Deshalb haben BCF-Dateien die Dateierweiterung BCFXML oder in komprimierter Form BCFZIP und können entweder dateibasiert oder per Web-Anwendung über das BCFAPI-Format übertragen werden. Jeder Konflikt wird mit einem eigenen BCF-Eintrag erfasst und in einem eigenen Ordner abgelegt. Dieser Ordner enthält alle weiteren Informationen, die so genannten Viewpoints und Topics sowie Screenshots. Viewpoints enthalten die zum jeweiligen Screenshot zugehörige Kameraposition und Blickrichtung auf das jeweilige Problem sowie Schnittebenen, sichtbare und selektierte Bauteile. Anhand eines oder mehrerer Screenshots, der geometrischen Koordinaten des lokalisierten Problems sowie der internen Identifikationsnummern der beschriebenen Bauteile lässt sich das Problem in der jeweiligen BIM-Software blitzschnell lokalisieren. In den Topics sind die strukturierten Metadaten enthalten. Dazu gehören unter anderem der BCF-Typ – das können ein oder mehrere Kommentare, ein Konflikt, eine Anfrage oder eine Lösung sein. Der Status gibt an, ob eine Aufgabe offen, erledigt, in Prüfung oder geschlossen ist. Neben dem Titel, dem Erstellungsdatum und dem Autor der BCF-Nachricht wird auch die Dringlichkeit der Aufgabe in Form von Prioritäten festgehalten. Außerdem hat jeder Eintrag einen Lebenszyklus: Von der Problemerfassung bis zur Erledigung kann damit der gesamte Vorgang rückverfolgt werden.
BCF-Nachrichten vereinfachen die Kommunikation am 3D-Modell. © Kubus/BIMcollab
Wie läuft der BCF-Workflow ab?
BCF-Kollaborationsprozesse laufen wie folgt ab: Die vom Architekten, Tragwerks- und TGA-Planer erzeugten Fachmodelle werden vom BIM-Koordinator per IFC-Schnittstelle in ein BIM-Modellprüfprogramm importiert. Stellt er dabei manuell oder automatisch mit Hilfe individuell konfigurierter Prüfalgorithmen Kollisionen und Probleme fest, werden daraus Protokollpunkte (sogenannte „Issues“) erstellt. Dabei wird für jedes festgestellte Problem ein eigener BCF-Eintrag erzeugt (z.B. „Konflikt zwischen RLT-Kanal und Unterzug in Raum 205“). Jeder BCF-Eintrag besteht aus einem eigenen Ordner, der in komprimierter Form als gezippte BCF-Datei mit der Dateierweiterung „BCFZIP“ gespeichert und per E-Mail an die betroffenen Projektpartner versandt wird. Diese öffnen die BCF-Datei im eigenen Programm und können die Konfliktpunkte dank automatischer Zoom-Funktion und dazugehörigem Kommentar sofort erkennen und verstehen. Im nächsten Schritt lösen die Fachplaner die Probleme direkt in ihrem Fachmodell und senden die korrigierte IFC-Version, parallel zur BCF-Datei mit einem entsprechenden Kommentar und geändertem Status (Bearbeitungsstatus, Autor, Änderungsdatum), dem BIM-Koordinator zurück. Dieser prüft die Fachmodelle erneut und setzt – sofern die Probleme gelöst wurden – den BCF-Status auf „geschlossen“. Ist er mit dem Ergebnis nicht zufrieden, setzt er ihn auf „offen“ und der Korrekturkreislauf beginnt erneut. Der Versand von BCF-Dateien zur Korrektur und Koordination ist zwar besser als der Versand von Excel-Listen und korrespondierenden Screenshots, setzt aber Disziplin von allen Beteiligten und klare Regeln für das BCF-Management in Bezug auf die Nomenklatur, Ablage, Priorisierung, Verlaufsverfolgung etc. voraus. Das kann bei großen Projekten mit mehreren hundert oder gar tausend manuell oder automatisch generierten Konfliktpunkten schnell zu einer Herausforderung werden. Deshalb wurden spezielle Lösungen für das BCF-Management geschaffen.
Wird der BCF-Problembericht aufgerufen, zoomt sich das BIM-Programm automatisch auf den betreffenden Modellausschnitt ein. © MagiCAD Group
Was können BCF-Manager?
Digitale BCF-Manager machen den manuellen Versand und die manuelle Verwaltung von BCF-Nachrichten überflüssig. Werden entsprechende Lösungen als Plug-Ins in die jeweilige BIM-Software (z.B. Architektur-CAD, TGA-CAD, Statik-CAD, BIM-Modellprüfprogramm etc.) implementiert, lassen sich BCF-Nachrichten einfacher und bequemer erstellen, filtern, abrufen und austauschen. Planer können damit aus ihrem individuellen BIM-Programm eine BCF-Nachricht schreiben, die praktisch simultan in einem Info-Fenster des betreffenden Projektpartners erscheint und per Mausklick automatisch auf den jeweiligen Problempunkt zoomt, worauf dieser auf die Anfrage oder den Hinweis sofort reagieren kann. Damit lassen sich Probleme und Kollisionen im BIM-Modell nahezu in Echtzeit und gegebenenfalls in Verbindung mit einem Video-Konferenzsystem relativ bequem und Pandemie-konform besprechen. Webbasierende BCF-Kollaborationsplattformen, wie BIMCollab Cloud, Bimsync, BIMTrack oder Revizto bieten noch mehr. Damit können BCF-Nachrichten mit mehreren externen Projektpartnern synchron ausgetauscht und auch mit jenen Projektpartnern geteilt werden, die über keine BIM-Software und entsprechende Kenntnisse verfügen. Das können Handwerker oder Bauherren sein, die sich mit den entsprechenden Zugangsdaten einloggen, die aktuellen IFC-Modelle anschauen und BCF-Protokollpunkte kommentieren können. Dazu bieten die BCF-Kollaborationsplattformen eine entsprechende Zugangs- und Rechteverwaltung. Dokumentationen und Auswertungen der Aktivitäten aller Cloud-Nutzer machen Abläufe transparent und ermöglichen ebenfalls Prozess-Optimierungen.
Wer ist mit welchen Konflikten beschäftigt und wie ist deren Status? BCF-Übersichten ermöglichen einen Überblick. © AllesWirdGut Architektur ZT
Fazit: BCF beschleunigt Abstimmungsprozesse
BCF ist im Rahmen der BIM-Planungsmethode ein wichtiger Baustein, der den Koordinationsworkflow gegenüber herkömmlichen Arbeitsweisen erheblich rationalisiert. BCF kann dazu beitragen, Fehler, Kollisionen und Problempunkte einfacher zu lokalisieren, Zuständige zu delegieren, mit diesen gemeinsam zu besprechen und den Bearbeitungsstand zu verfolgen. Eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Architekt, Fachplanern und ausführenden Gewerken setzt insbesondere bei größeren Projekten allerdings den Einsatz cloudbasierter BCF-Manager voraus, sonst wird es schnell unübersichtlich.
BCF-Manager vereinfachen das Erstellen, Filtern, Abrufen und den büro- und plattformbergreifenden Austausch von BCF-Nachrichten. © Kubus/BIMcollab
Produkte und Anbieter
www.bimcollab.com
www.bimsync.com
www.bimtrack.co
www.revizto.com
Links, Literaturhinweise und Quellen
www.baunetzwissen.de/bim
www.buildingsmart.de
www.buildingsmart.org
[1] Autodesk (Hrsg.): Revit IFC Handbuch. Ausführliche Anleitung für den Umgang mit IFC-Dateien, Eigenverlag, München 2018, Download: www.autodesk.de/campaigns/interoperability/ifc-handbuch
[2] Döring, T.: BCF – Endlich verständlich, aus: Build-Ing 1/2019, Huss-Medien, Berlin
[3] Esser, S.: Kommunikation in BIM-Projekten auf Grundlage von BCF-Daten, Technische Universität München, Eigenverlag, München 2018, Download: www.cms.bgu.tum.de/de
[4] Hausknecht, K., Liebich, T.: BIM-Kompendium. Building Information Modeling als neue Planungsmethode, Fraunhofer IRB Verlag, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart 2021
[5] Trimble (Hrsg.): BIM Collaboration Format. Für den verbesserten Informationsaustausch zwischen den Gewerken, Download: https://mep.trimble.de/downloads/BCF
Text: Marian Behaneck