Fruchtgenussrecht, das Aus für die Teilungsklage?

7. Januar 2019 Mehr

Kann zwischen den Miteigentümern einer Immobilie kein Einvernehmen über die Begründung von Wohnungseigentum erzielt werden, verschafft § 3 Abs 1 Z 3 WEG die Möglichkeit, die Parifizierung einer Immobilie durch Teilungsklage gerichtlich durchzusetzen. Doch können mitunter sogenannte „Teilungshindernisse“ eine solche – auf den ersten Blick leicht durchsetzbar anmutende – Klage auch zu Fall bringen.

Stehen die Miteigentümer einer Liegenschaft im besten Einvernehmen zueinander, kann die Parifizierung einer Immobilie und die Begründung von Wohnungseigentum aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung aller Miteigentümer („Wohnungseigentumsvertrag“) erfolgen. Unterschiedliche Interessenslagen der Miteigentümer oder eine ungünstige Konstellation hinsichtlich der Anzahl, der Nutzfläche und des Nutzwertes der verwertbaren Wohnungseigentumsobjekte können jedoch auch dazu führen, dass die einvernehmliche Begründung von Wohnungseigentum scheitert.

Für diesen Fall ist gemäß § 3 Abs 1 Z 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) jeder Miteigentümer einer Liegenschaft legitimiert, die Teilung der Liegenschaft durch Begründung von

Mag. Matthias Nödl

Mag. Matthias Nödl

Wohnungseigentum mittels Klage gegen alle übrigen Miteigentümer zu begehren. Auch können mehrere Miteigentümer gemeinsam als Kläger auftreten. Alle anderen nicht-klagenden Miteigentümer sind Beklagte, auch wenn sie vorgerichtlich bereits der Begründung von Wohnungseigentum zugestimmt haben. Ist eine solche Rechtsgestaltungsklage erfolgreich, kann in der Folge Wohnungseigentum im exekutiven Wege begründet werden.

Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Teilungsklage gemäß § 3 Abs 1 Z 3 WEG sind die rechtliche Möglichkeit und Tunlichkeit der Begründung von Wohnungseigentum, für die der Kläger behauptungs- und beweispflichtig ist. Insbesondere müssen Wohnungseigentumsobjekte in ausreichender Zahl vorhanden sein oder ohne unverhältnismäßigen Aufwand geschaffen werden können. Auch müssen die Miteigentümer über ausreichende Mindestanteile verfügen, welche die Zuweisung von Sondernutzungsrechten an konkreten Objekten erlauben.

Gemäß § 830 ABGB ist die Teilung einer Liegenschaft zudem unzulässig, wenn sie zur Unzeit erfolgt. Zur Unzeit erfolgt eine Teilung, wenn sie zwar möglich, jedoch im Moment unzweckmäßig (z. B. wirtschaftlich nachteilig) ist. Eine Unzeit können nur vorübergehende, objektive Umstände begründen. Dauerhafte Umstände können für die Unzeit als Argument gegen die Teilung der Liegenschaft nicht herangezogen werden. Im Falle einer Unzeit muss sich der teilungswillige Miteigentümer daher auch nur den Aufschub der Teilung – nicht aber den gänzlichen Entfall des Rechts auf Teilung für unbestimmte Zeit – gefallen lassen.

Nach herrschender Rechtsprechung sind insbesondere das Absinken des Verkehrswertes der Liegenschaft durch Begründung von Wohnungseigentum, das Vorhandensein von mehr Miteigentümern als Wohnungseigentumsobjekten sowie zu große Unterschiede zwischen den Miteigentumsanteilen und den voraussichtlichen Mindestanteilen relevante Hindernisse einer erfolgreichen Teilungsklage gemäß § 3 Abs 1 Z 3 WEG. Nach aktueller OGH-Judikatur kann aber auch ein dingliches Recht an einem Liegenschaftsanteil (z. B. ein Fruchtgenussrecht) ein solches Teilungshindernis darstellen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte man davon ausgehen, dass ein verbüchertes Bestandrecht einer Teilungsklage gemäß § 3 Abs 1 Z 3 WEG ebenso wenig entgegensteht wie die Verpflichtung zur Übernahme eines bereits verbücherten Wohnrechts, es sei denn, dass ein an der gesamten Liegenschaft eingeräumtes Wohnrecht durch die Begründung von Wohnungseigentum nicht befriedigt werden kann. Der bisherigen Rechtsprechung war auch zu entnehmen, dass die Belastung mit einem Fruchtgenuss- oder Ausgedingerecht für eine Teilungsklage gemäß § 3 Abs 1 Z 3 WEG grundsätzlich irrelevant sind; dies abgesehen von dem Fall, dass eine Teilungsklage gemäß § 3 Abs 1 Z 3 WEG dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspricht. So soll ein Miteigentümer, der seinen Liegenschaftsanteil kurz vor der geplanten Teilung mit einem Fruchtgenussrecht zugunsten einer Person mit noch hoher Lebenserwartung belastet hat, um sich damit für den Fall einer Zivilteilung der Liegenschaft eine günstigere Position bei der Ersteigerung der Liegenschaft zu verschaffen, eine Teilung der Liegenschaft nicht erfolgreich begehren können, weil dies nach der Rechtsprechung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würde.

Die Rechtsprechung hat den Standpunkt, wonach ein Fruchtgenussrecht für die Teilung grundsätzlich irrelevant sei, bisher damit begründet, dass – sollte man die Belastung von Liegenschaftsanteilen mit einem Fruchtgenussrecht als Teilungshindernis auffassen – es sonst jeder Miteigentümer in der Hand hätte, die Teilung durch eine Belastung seines Anteils willkürlich zu vereiteln. Nur wenn eine Teilung der Liegenschaft zur Unzeit käme, weil wegen des hohen Alters der/des Fruchtgenussberechtigten mit einem Wegfall der Belastung in absehbarer Zeit zu rechnen ist (wodurch die damit verbundene Wertminderung bzw. das damit einhergehende Verwertungshindernis wegfällt), wurde ein Fruchtgenussrecht als (vorübergehendes) Teilungshindernis anerkannt.

Von der bisherigen Rechtsprechung ist der OGH in einer aktuellen Entscheidung (5 Ob 103/17h) jedoch teilweise abgegangen. Demzufolge schließt sich der OGH der bisherigen Meinung, dass ein Fruchtgenussrecht grundsätzlich kein Teilungshindernis darstellt, zwar an. Nach nunmehriger Ansicht des OGH kann eine Teilungsklage gemäß § 3 Abs 1 Z 3 WEG aber nur Erfolg haben, wenn der/die Fruchtgenussberechtigte hierzu ihre/seine Zustimmung erteilt hat. Kann der Kläger im Verfahren über seine Teilungsklage gemäß § 3 Abs 1 Z 3 WEG daher die Zustimmung der/des Fruchtgenussberechtigten zur Teilung der Liegenschaft nicht nachzuweisen, ist somit davon auszugehen, dass das Fruchtgenussrecht einer erfolgreichen Teilungsklage gemäß § 3 Abs 1 Z 3 WEG entgegensteht.

Der Grund für diese Entscheidung liegt darin, dass es im Zuge der Teilung einer Liegenschaft durch Begründung von Wohnungseigentum zu einer Verschiebung von Liegenschaftsanteilen kommen kann, damit jedem Miteigentümer die für sein Wohnungseigentumsrecht erforderlichen Mindestanteile zukommen. Ist ein Liegenschaftsanteil mit einem Fruchtgenussrecht belastet und kommt es zu einer solchen Anteilsverschiebung, könnte diese Last (teilweise) auf einen Miteigentümer übergehen, der diese nicht übernommen hat. Daher ist es für die Teilung einer Liegenschaft im Sinne von § 3 Abs 1 Z 3 WEG erforderlich, dass die/der Fruchtgenussberechtigte der Teilung der Liegenschaft – und der damit allenfalls verbundenen Einschränkung des Fruchtgenussrechtes auf den bisherigen Fruchtgenussverpflichteten – zustimmt.

Diese Überlegung des OGH gilt jedoch nicht nur für Fruchtgenussrechte, sondern gleichermaßen auch für alle möglichen Lasten (z. B. Pfandrecht, Ausgedinge, Belastungs- und Veräußerungsverbot, etc.). Im Vorfeld einer Klage gemäß § 3 Abs 1 Z 3 WEG empfiehlt es sich daher fundiert zu prüfen, ob und inwieweit – neben den sonstigen oben genannten Teilungshindernissen – allenfalls dingliche Rechte bzw. Lasten oder Bestandsrechte Dritter dem Erfolg einer solchen Teilungsklage entgegenstehen könnten.

 

Text:©Mag. Matthias Nödl

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Kategorie: Bau & Recht