Bauliche Veränderungen durch den Mieter
Nicht selten nehmen Mieter einer Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit bauliche Maßnahmen im Mietgegenstand bzw. bauliche Veränderungen am Mietgegenstand ohne Zustimmung des Vermieters vor, dies oft ohne Hintergedanken. Doch was darf ein Mieter wirklich, ohne die Beendigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter zu riskieren?
Grundsätzlich ist der Mieter einer Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit berechtigt, diese vertragsgemäß auf die Dauer des Mietvertrages zu gebrauchen und zu benützen. Ein vertragswidriger Gebrauch des Mietgegenstandes ist zu unterlassen. Der Gebrauch ist schonend auszuüben. Der Mieter darf in diesem Rahmen auch nur geringfügige Änderungen des Mietgegenstandes, die keine Benachteiligung des Vermieters mit sich bringen, vornehmen. Dies gilt grundsätzlich gleichermaßen im österreichischen wie auch im deutschen Mietrecht.
Verstößt der Mieter gegen seine Pflicht zum vertragsmäßigen Gebrauch des Mietgegenstandes, so kann der Vermieter vom Mieter sowohl die Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs als auch bei Verschulden des Mieters Schadenersatz fordern. Bei erheblich nachteiligem Gebrauch ist der Vermieter nach österreichischem Recht (§ 1118 ABGB) zur sofortigen Beendigung des Mietvertrages berechtigt. Nach deutschem Recht ist je nach Erheblichkeit der Vertragsverletzung die ordentliche Kündigung nach § 573 BGB oder die fristlose Kündigung gemäß § 543 BGB möglich.
Bauliche Maßnahmen im Mietgegenstand bzw. die bauliche Veränderung des Mietgegenstandes sind als erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes einzuschätzen, wenn diese eine erhebliche Substanzschädigung des Mietgegenstandes zur Folge haben oder befürchten lassen. Selbst die sachgerechte Modernisierung eines Mietgegenstandes kann ein erheblich nachteiliger Gebrauch sein, wenn sie den Ruf oder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters verletzen oder gefährden.
Der Mieter ist jedenfalls verpflichtet, Umbauarbeiten einwandfrei durchzuführen, womit unter anderem gemeint ist, dass er dafür ein autorisiertes Unternehmen zu engagieren hat. Für Fehler eines Fachmanns, den er mit den Umbauten beauftragt hat, hat der Mieter in diesem Zusammenhang nur dann einzustehen, wenn er dessen Unfähigkeit oder die Mangelhaftigkeit der Leistung erkennen hätte müssen.
Ein erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes kann auch in einem unleidlichen Verhalten des Mieters begründet sein. Stört der Mieter z.B. durch bauliche Maßnahmen im Mietgegenstand und durch die damit verbundenen Emissionen (Lärm, Staub, Schmutz etc.) das friedliche Zusammenleben (sowohl mit den Hausbewohnern als auch mit dem nicht im Haus wohnenden Haus-/Wohnungseigentümer) und erstreckt sich die Störung über einen längeren Zeitraum oder wiederholen sich diese Störungen häufig und übersteigt die Störung in ihrer Art das üblich geduldete, zumutbare Ausmaß, könnte der Vermieter ebenso von seinem Recht auf sofortige Auflösung des Mietvertrages Gebrauch machen. Maßgeblich ist aber nicht jeder Einzelfall. Vielmehr ist in diesem Fall eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen.
Nach deutschem Recht ist im Rahmen dieser Gesamtwürdigung im Hinblick auf Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz einerseits das als Eigentumsrecht zu behandelnde Recht des Mieters am Besitz der Wohnung und die Dauer des Mietverhältnisses, andererseits das Eigentum des Vermieters am Mietgegenstand und seine Beeinträchtigung durch das Verhalten des Mieters abzuwägen.
Voraussetzung für den Anspruch des Vermieters auf sofortige Beendigung des Mietvertrages ist in solchen Fällen jedenfalls ein vertragswidriges Verhalten des Mieters. Der Mieter muss sich also so verhalten haben, dass er nicht mehr vertrauenswürdig ist. Auf ein Verschulden des Mieters kommt es dabei nicht an. Es genügt, dass sich der Mieter des nachteiligen Verhaltens bewusst war oder nach dem Maßstab eines durchschnittlichen Mieters bewusst hätte sein können.
Bei erfolgreicher Auflösung bzw. Kündigung des Mietvertrages hat der Vermieter gegen den Mieter einen Anspruch gemäß § 546 BGB bzw. § 1109 ABGB auf Rückstellung des Mietgegenstandes in den früheren Zustand, d.h. der gekündigte Mieter hat die unerlaubterweise vorgenommenen baulichen Maßnahmen zu beseitigen.
Als Sondernorm betreffend die Veränderung des Mietgegenstandes ist noch § 9 des österreichischen MRG für Mietverträge zu beachten, die in den MRG-Vollanwendungsbereich fallen. Demnach bedürfen unwesentliche Veränderungen des Mietgegenstandes (z.B. Malereien) keiner vorherigen Zustimmung des Vermieters. Wesentliche Veränderungen sind dem Vermieter im Vorhinein anzuzeigen. Lehnt der Vermieter die angezeigte Veränderung nicht innerhalb von zwei Monaten ab, gilt dies als Zustimmung des Vermieters zur angezeigten Veränderung.
Die Nichtbeachtung der Anzeigepflicht kann eine Besitzstörungsklage des Vermieters sowie den Verlust des Aufwandersatzes und eine Wiederherstellungspflicht zur Folge haben, sie ist aber kein Kündigungsgrund. § 9 MRG normiert auch zahlreiche Fälle der baulichen Veränderung, in welchen der Vermieter seine Zustimmung nicht verweigern kann – die also für den Mieter unter Einhaltung der in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen jedenfalls zulässig sind (z. B. eine dem Stand der Technik entsprechende Sanierung der Heizungsinstallationen oder Sanitäranlagen).
Für jeden Mieter einer Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit ist es jedenfalls empfehlenswert, eine geplante Änderung des Mietgegenstandes, die nicht ganz unwesentlich ist (wie z. B. Erneuerung der bestehenden Wandmalerei), im Vorhinein mit dem Vermieter abzustimmen, um Unannehmlichkeiten – wie oben beschrieben – zu vermeiden.
Text: Mag. Matthias Nödl, Rechtsanwalt in Wien, Gregor Barbers, Rechtsanwalt in Düsseldorf
Kategorie: Bau & Recht, Kolumnen