4D- und 5D-BIM: Bauzeiten und kosten im Blick
Bauprojekte in einem möglichst knappen Zeitrahmen wirtschaftlich zu realisieren, wird immer wichtiger. 4D- und 5D-BIM simuliert und optimiert Projektabläufe und steigert dadurch die Wirtschaftlichkeit, Ausführungsqualität, Termin- und Kostensicherheit von Projekten.
Neben den Kosten gehören Termine zu den neuralgischen Punkten von Bauprojekten. Um die Termin- und Kostensicherheit zu steigern, Planungs- und Ausführungsqualitäten zu verbessern kommen immer häufiger digitale Termin-, Bauzeiten-, Budget- und Ressourcenplaner zum Einsatz. Sie sind ein zentraler Baustein des Bauprojektmanagements. BIM eröffnet neue Möglichkeiten für die Planung und Kontrolle von Bauprojekten. So kann man beispielsweise schon vorher im Detail prüfen, ob später auf der Baustelle alles wie geplant funktioniert.
Mit 4D- und 5D-BIM haben Planer Projekte, Termine, Kosten und Ressourcen im Blick. © STRABAG
4D-BIM: Digitales Baustellenkino
Werden BIM-Modelle mit Zeitplänen und Bauaktivitäten verknüpft, erhält man 4D-BIM. Dazu werden Bauzeitenpläne von herkömmlichen Bauzeitenplanungsprogrammen (architektur 08-2018: Die digitale Zeitmaschine) in 4D-BIM-Programme importiert und mit den 3D-Bauteilen des BIM-Modells verknüpft, sodass interaktive Visualisierungen entstehen. Diese können Abstimmungen im Planungsteam und mit Projektbeteiligten erheblich vereinfachen, weil sie anschaulicher und verständlicher sind als komplexe Balkenpläne. Die vierte Dimension „Zeit“ ermöglicht in Verbindung mit dem dreidimensionalen BIM-Modell eine räumliche und zeitliche Simulation, Planung und Dokumentation von Bauaktivitäten, Soll-Ist-Vergleiche, eine Optimierung von Bauabläufen und ein frühzeitiges Erkennen von Problemen bei der Bauausführung und Montage. Alle räumlichen und zeitlichen Konsequenzen des Baufortschritts lassen sich unmittelbar aus beliebiger Perspektive visualisieren. Planer können damit beispielsweise erkennen, ob durch parallele Vorgänge geometrische oder zeitliche Konflikte bei der Installation und Montage gebäudetechnischer Anlagen entstehen oder welche Baustellenbedingungen an kritischen oder räumlich beengten Stellen zum Zeitpunkt des Arbeitsbeginns vorherrschen. Auch die Konsequenzen von Terminplanänderungen auf den weiteren Montageablauf lassen sich damit prüfen und beurteilen. Das ermöglicht im Vorfeld eine Optimierung der Bauplanung, Baustelleneinrichtung, Materialbestellung, -lieferung und -lagerung, Montage und Ausführung.
Die 4D/5D-Auswertung stellt an die Qualität, Detaillierung und logische Strukturierung der BIM-Bauwerksdaten allerdings bestimmte Anforderungen. © STRABAG
Verknüpft werden Gebäudebauteile mit zeitlichen Vorgängen entweder manuell – indem ausgewählte Bauteile dem jeweiligen Balken im Gantt-Diagramm zugewiesen werden – oder halbautomatisch. Bei der halbautomatischen Zuordnung werden entweder Identifikationsnummern der BIM-Bauteile mit entsprechenden Zahlencodes der einzelnen Vorgänge automatisch miteinander verbunden oder die Zuweisung erfolgt auf der Basis semantischer Informationen der BIM-Modelle und auf Grundlage in der Software definierter Verknüpfungsregeln. Das hat den Vorteil, dass Baustellenvorgänge schneller und Änderungen am BIM-Modell oder Terminvarianten mit weniger Aufwand visualisiert werden können. Gesteuert wird der virtuelle Bauablauf in einer beliebigen Geschwindigkeit über einen Zeitstrahl wie bei einem Video per Vor- oder Rücklauftaste. Durch Eingabe von Datum und Uhrzeit kann die dreidimensionale Situation im BIM-Modell zu einem beliebigen Zeitpunkt wiedergegeben werden, wobei die dazu korrespondierende Position im Balkenplan kontinuierlich angezeigt wird.
Visuell dargestellt werden können alle oder ausgewählte Gewerke, Ebenen oder Bauteile auf Wunsch auch in halbtransparenter Form, um dahinter liegende Objekte erkennen zu können. Wird die Ansicht gewechselt oder herangezoomt, können Vorgänge entsprechend der vorhandenen geometrischen und zeitlichen Auflösung auch im Detail verfolgt werden. Bei großen und komplexen Projekten verdeutlichen einheitliche Farbkodierungen der Gewerke, Ebenen oder Bauteile die zeitlichen Abläufe der jeweiligen Vorgänge und Tätigkeiten. Über die zeitliche Zuordnung zum Terminplan und die Kombination verschiedener Darstellungsfilter (z.B. alle Fenster einer bestimmten Größe) lässt sich auch der Bauteil- und Materialbedarf zeitlich abhängig darstellen.
Werden digitale Bauzeitenpläne … © NEVARIS
… mit den 3D-Bauteilen des BIM-Modells verknüpft, entstehen interaktive Visualisierungen des Baufortschritts. © RIB Software
5D-BIM: Digitaler Kostenmanager
Bei einer 5D-Simulation wird neben dem 3D-Gebäudemodell und der Zeit auch die Baukostenentwicklung berücksichtigt. Wird das 3D-Modell mit den Mengeninformationen um die Faktoren Zeit und Kosten ergänzt, lassen sich Budgets und Baukosten unter Berücksichtigung des zeitlichen Aspekts darstellen und analysieren. Durch die Verknüpfung von BIM-Gebäudebauteilen, Mengen und Kosten kann über die gesamte Projektlaufzeit die zeitliche Entwicklung der Projektkosten ausgewertet und in Form von Diagrammen anschaulich visualisiert werden. Das vereinfacht die Kosten- und Budgetplanung, beschleunigt Entscheidungsprozesse bezüglich Bauteilqualitäten, Mengen oder Kosten und ermöglicht visuelle Plausibilitätsprüfungen oder die Simulation von Kostenvarianten. Die Kosten für alternative Ausführungen oder Änderungswünsche sind schnell abrufbar und vereinfachen Entscheidungen bei Bauherren und Investoren.
Wie beim Faktor Zeit, erfolgt auch bei den Kosten die Zuordnung der Bauteile oder Bauteilgruppen entweder manuell oder halbautomatisch über Verknüpfungsregeln. Zuvor werden die Bauteile entsprechend ihrer Objektattribute und den Kostenplanungsanforderungen gefiltert und strukturiert. In späteren Leistungsphasen lassen sich Soll-/Ist-Vergleiche des aktuellen Baufortschritts durchführen. Dazu werden die Soll-Zustände des idealerweise auf Cloud-Servern abgelegten 4D- oder 5D-Modells mit den Ist-Daten der Baustelle in der Regel mithilfe mobiler Eingabegeräte online abgeglichen. Abweichungen werden im BIM-Modell farbig dargestellt und in Berichtform ausgegeben. So können Störungen im Bauablauf frühzeitig erkannt und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Erheblich weiter gefasst ist die 5D-BIM-Definition der europäischen 5D-Initiative (www.5d-initiative.eu). Das ist ein 2008 gegründeter Zusammenschluss von Bau- und Softwareunternehmen, die eine Etablierung integrierter, prozessorientierter 5D-BIM-Lösungen in der Baubranche zum Ziel haben. Zu den Mitgliedern zählen unter anderem Software-Hersteller wie Autodesk, Bentley, Nemetschek, RIB oder Trimble sowie Bauunternehmen wie Max Bögl oder Züblin Strabag. Über den Zeit- und Kostenfaktor hinaus berücksichtigt die fünfdimensionale BIM-Planung alle für die Planung, Ausführung und Nutzung, bis hin zum Abriss relevanten Daten. Also beispielsweise auch Informationen zur Herstellung, Montage, Bestellung und Logistik, ferner Ressourcen-, Lebenszyklus-, Wartungs-, Instandhaltungs- oder As-Built-Daten. Damit schließt die 5D-Initiative und deren Mitglieder – im Unterschied zur allgemeinen Definition von 5D-BIM – auch 6D-BIM (Nachhaltigkeit) sowie 7D-BIM (Facility Management) mit ein. Der Mehrwert dieser ganzheitlichen und prozessorientierten Betrachtung von Bauprojekten liegt vor allem in der Möglichkeit, schon frühzeitig Berechnungen, Analysen und Simulationen anhand des digitalen 5D-BIM-Modells durchzuführen, wodurch man rechtzeitig Einfluss sowohl auf die Herstellungs- und Betriebskosten als auch auf die Nachhaltigkeit nehmen kann.
Bauablaufsimulationen ermöglichen sowohl eine Optimierung der Baustelleneinrichtung, Materialbestellung, -lieferung und -lagerung … © Autodesk
… als auch Detailüberprüfungen einzelner Gewerke, etwa der SHKL-Installation und -Montage. © RIB Software
Welche 4D und 5D-Lösungen gibt es?
Software für die Bauzeitenplanung ist sehr vielfältig. Neben aus der Netzplantechnik stammenden, allgemeinen oder bauspezifischen Programmen für die Erstellung von Balken-, Struktur- oder Netzplänen ohne Bezug zum BIM-Modell, werden zunehmend 4D- und 5D-BIM-Lösungen angeboten, die teilweise auf den Daten von Bauzeitenplanern, etwa auf Microsoft Project aufbauen. Während einige 4D/5D-Programme BIM-Daten einer bestimmten CAD/BIM-Software im nativen Datenformat direkt übernehmen können (z.B. Revit und Navisworks), importieren andere IFC-Dateien (z.B. Powerproject BIM), allerdings mit damit möglicherweise verbundenen Schnittstellenverlusten. Auch die Ergebnisse der 4D-Verknüpfung sind sehr unterschiedlich – sie reichen von einer Grundstruktur, die anschließend zu einem vollständigen Bauzeitenplan komplettiert werden muss (z.B. BIM4YOU), bis hin zu detaillierten Balkenplänen, die sich bei Modelländerungen automatisch aktualisieren (z.B. iTWO).
Im Folgenden werden einige Lösungen beispielhaft vorgestellt: Autodesk Navisworks von Autodesk ist eine in den Produktvarianten Manage und Simulate verfügbare Software für die Koordination und Kollisionskontrolle von BIM-Fachmodellen in einem Gesamtmodell. Für 4D- und 5D-Simulationen lassen sich Daten von Autodesk Revit mit Bauzeiten und ‑kosten aus externen Projektmanagement-Anwendungen verknüpfen. Bentley Navigator von Bentley ermöglicht eine gewerkübergreifende Zusammenarbeit und Prüfung von BIM-Modellen, eine Koordinierung und Kollisionsprüfung der Gewerke sowie Bauablaufsimulationen zur Optimierung von Baustellenaktivitäten. Mit der Übernahme von Synchro Software im vergangenen Jahr hat Bentley sein Produktspektrum im Bereich 4D-Baumodellierung erweitert.
BIM4YOU von BRZ versteht sich als durchgängige 5D-BIM-Lösung für die Projektplanung und ‑steuerung, bis zur Bewirtschaftung. Mit der 4D-Timeline lassen sich aus BIM-Bauwerksmodellen Grobstrukturen automatisiert ableiten, die als Grundlage für die Erstellung von Bauzeitenplänen genutzt werden können.
Mit DESITE von ThinkProject/Ceapoint lassen sich 3D-BIM-Modelle interaktiv visualisieren, analysieren, auswerten, erweitern und prüfen. Darüber können der Baufortschritt in Form von 4D-Simulationen visualisiert sowie Bauzeitenpläne und Mengenauswertungen auf Grundlage des 3D-Modells erstellt werden.
Powerproject BIM von Elecosoft ist eine Programmerweiterung der Projektmanagementsoftware Powerproject für eine auf IFC-Modelldaten basierende Termin-, Ressourcen- und Kostenplanung. Mit dem kostenfreien Project Viewer lassen sich Projektpläne auch ohne eine Powerproject-Lizenz öffnen und betrachten.
iTWO von RIB Software versteht sich als integrierte 5D-BIM-Lösung, die Bauzeiten, Ressourcen, Baukosten und weitere Projektdaten mit dem 3D-BIM-Modell verknüpft und damit eine prozessorientierte, umfassende Termin-, Ressourcen- und Bauablaufplanung, Kostenplanung, Ausschreibung und Realisierung von Bauprojekten ermöglicht.
Je detaillierter Vorgänge und Abhängigkeiten definiert werden, desto besser können Probleme rechtzeitig erkannt werden. © AstaDev/Elecosoft
Fazit: Ohne Know-how kein 4D- und 5D-BIM
Ein effizientes Termin-, Kosten- und Ressourcenmanagement ist ohne Softwareunterstützung heute nicht mehr denkbar. Auf 4D- und 5D-Daten basierende Bauzeiten- und Baukostenplaner weisen in die richtige Richtung. Die BIM-Methodik bietet für das Zeit- und Kostenmanagement von Bauprojekten entscheidende Vorteile – vorausgesetzt die BIM-Bauwerksdaten verfügen über eine entsprechende Qualität, Detaillierung und logische Strukturierung. So können sich zu geringe oder zu hohe Level of Details (LOD) des BIM-Modells als ebenso problematisch erweisen, wie eine fehlerhafte Bauteilmodellierung oder eine inkonsequente Bauteilstrukturierung. Prinzipiell muss schon beim Modellieren die nachfolgende Modellauswertung nach Zeit- oder Kostenkriterien berücksichtigt werden, ansonsten sind Fehler und Probleme vorprogrammiert. Herausforderungen entstehen in der Praxis auch aufgrund von Informationsverlusten bei der IFC-Datenübergabe, wenn die CAD-Software, mit der das BIM-Modell erstellt wurde, und die 4D-/5D-Software nicht vom gleichen Hersteller stammen. Lösungen wie zum Beispiel Autodesk Revit und Navisworks oder RIB iTWO sind hier im Vorteil. Häufige Modelländerungen können ebenso zu einer Herausforderung werden, wenn die IFC-Daten komplett neu eingelesen und zugewiesen werden müssen, wie das kontinuierliche Einpflegen der Ist-Daten auf der Baustelle für Soll-/Ist-Vergleiche. Am wichtigsten ist aber die Erkenntnis, dass auch die beste 4D- oder 5D-BIM-Software Probleme während der Ausführung nicht vorhersehen oder gar verhindern kann. Es liegt in der Verantwortung des Anwenders, dass Termine, Zeitspannen, Abhängigkeiten, Witterungseinflüsse oder die Besonderheiten des Projekts korrekt eingegeben und alle Einflussfaktoren angemessen berücksichtigt werden. Damit Bauzeiten und Kosten nicht aus dem Ruder laufen, bedarf es deshalb nicht nur einer leistungsfähigen Software, sondern auch Projektmanagement-Know-how und viel Erfahrung.
Weitere Infos*
www.5d-initiative.eu – 5D BIM-Industrieinitiative
www.5d-institut.de – 5D-BIM-Dienstleister
www.bauzeitenplaner.de – Übersicht Bauzeitenplanungs-Software
www.dvpev.de – Projektmanager-Verband Bauwirtschaft
www.managementsoftware.de – Software und Infos für Manager
www.pmaktuell.org – Projektmanagement-Fachmagazin
www.projektmagazin.de – Fachportal für Projektmanagement
Programme und Anbieter*
Autodesk Navisworks: www.autodesk.de
Bentley Navigator: www.bentley.com
BIM4YOU: www.brz.eu
DESITE: www.ceapoint.com
Powerproject BIM: www.elecosoft.de
PriMus Krono: www.accasoftware.com
STR Vision: www.strvision.com
Synchro Pro: www.synchroltd.com
iTWO: www.rib-software.com
NEVARIS: www.nevaris.com
Vico Office: www.vicooffice.dk/de
Literaturhinweise und Quellen*
[1] Bielefeld, B.: Basics Terminplanung, Birkhäuser Berlin 2009
[2] Hochmuth, M., Scharun, S., Tyryshkina, K., Klar, S.B.: Mit BIM: Termine und Kosten im Griff, aus: BIM – Building Information Modeling 2018, Ernst & Sohn, Berlin, 2018
[3] Humer, D.: BIM-4D: Softwareübergreifende Terminplanung mittels Building Information Modeling, Masterarbeit an der TU Graz, 2018, Download: https://diglib.tugraz.at/download.php?id=5b6d29f04c5d6&location=browse
[4] Kochendörfer, B./Liebchen, J.H./Viering, M.G.: Bau-Projektmanagement, Grundlagen und Vorgehensweisen, Springer Vieweg, Wiesbaden 2010
[5] Schreyer, M.: BIM-Einstieg kompakt für Bauunternehmer, BIM-Methoden in der Bauausführung, Beuth, Berlin 2016
[6] Tulke, J.: Kollaborative Terminplanung auf der Basis von Bauwerksinformationsmodellen, Verlag der Bauhaus-Universität Weimar, Weimar 2010, Download: https://e-pub.uni-weimar.de/opus4/frontdoor/deliver/index/docId/1424/file/Dissertation_OPUS_2010_07_30_pdfa.pdf
Text: Marian Behaneck