41 www.architektur-online.com LAN Großflächige Abbrüche und Wohnentwicklungen haben überall in Frankreich in den letzten Jahrzehnten stattgefunden. Die fundamentalen Fragen waren immer die gleichen: Abbruch oder Erhalt der historischen und sozialen Schichtungen in diesen Architekturen? Doch zwischen diesen beiden Möglichkeiten des kritischen Diskurses liegt auch die Option des alternativen Zugangs zur Erneuerung. Lormont ist eine relativ kleine Stadt in Frankreich, im Arrondissement Bordeaux und hat ca. 20.000 Einwohner. Die Gegend mit dem Namen Génicart ist in Zentrumsnähe gelegen, sie grenzt an den städtischen und überstädtischen Verbund und in ihr wohnen 10.500 Menschen, das ist die Hälfte der Bevölkerung. Geprägt ist die Bebauung von Gemeinschafts- und Sozialwohnungen. Das städtisch anspruchsvolle und auch soziale Projekt der LAN Architekten organisiert sich nun um vier verschiedene Zentren, die sich im südlichen Teil der Siedlung von Lormont befinden: Saint-Hilaire (387 WE), Leroy (114 WE), La Boétie (105 WE) und Villon (104 WE). Es ist ein sogenanntes „Résidentialisation-Programm“, ein typisch französischer Begriff aus den 2000er Jahren. Er bezeichnet den ersten Schritt der Renovierung der Wohnbauten aus den 1980ern und geht sehr pragmatisch auf die Bedingungen und Zwänge der Bewohner großer Wohnbauten, wie sie damals von Investoren errichtet wurden, ein. In diesem Prozess werden die Wohneinheiten schrittweise voneinander unterscheidbar gemacht und öffentliche Bereiche neu eingeführt. Durch Wegführungen und eine stärkere Hierarchie und Unterscheidung von ‚öffentlich‘ und ‚privat‘ wird auch die Anzahl von ungenutzten Gemeinschaftsflächen reduziert. Die Fallgrube bei der Residentialisierung liegt in den Grundstücksflächen. Es entsteht oft eine Verelendung und Vereinsamung der sogenannten ‚shared spaces‘, eine homogene Privatisierung von Grundflächen entgegen dem Prinzip der Großzügigkeit in der Flächenaufteilung: der ‚freie Plan‘. Die Gefahr ist, den Rückzug zu verstärken und so wieder zu den Grenzen der Nachbarschaft zurückzukehren. In Genicart versuchten die Architekten nun eine Versöhnung und eine Neudefinition des sogenannten ‚freien Planes‘. Man nahm jede der Architektur zum Anlass, als allgemeine Strategie die urbanen Blöcke vielfältiger zu gestalten und gleichzeitig die Landschaft offen zu halten. Erzielt hat man das, indem schrittweise private und öffentliche Bereiche, wie Grünflächen, Sportplätze und neue Wege in 100%ige Fußgängerbereiche umgewandelt wurden. Jede Wohnungsgruppe wurde in eine eigenständige Einheit transformiert und folgt nun der Logik des Gesamtplanes. Die Erneuerung der Fassaden, um eine bessere Isolierung der Architektur zu erreichen, ergab die Möglichkeit einer zweiten Ebene in der Sanierung. Einmal wurde durch die Sanierung mehr Wohnraum, wie Loggien und Balkone geschaffen, andererseits entstand durch die Optik eine neue Architektur, die jeden Block sichtbar vom nächsten unterscheidet. Die drei Türme von Saint-Hilaire definieren durch ihre neue Fassade einen fröhlichen Platz und eine Spielzone. Leroy, auf einem bewaldeten Hügel situiert, birgt nun eine bukolische Atmosphäre. Boétie, das rund um eine zentrale Wiese positioniert ist, wurde durch neue Landschaftsgestaltungen wiederhergestellt und mit linearen Sitzgelegenheiten ausgestattet – das sind nun Grünflächen für die Familien. Villon, welches an einer Kreuzung im Zentrum einer bewaldeten Gegend windgeschützt liegt, bietet Sonnenschein am Nachmittag und Erholungsräume. Abgeschirmt vom Verkehr der Esplanade Saint-Hilaire und den peripheren Autobahnen. Die Parkplätze wurden alle überarbeitet, verkleinert und in den Ecken des Areals untergebracht. Durch die Verbannung der Fahrzeuge aus der Mitte entsteht ein großzügiger, urbaner Park zwischen den Gebäuden. In dieser Grünfläche sind Holz- und Betonelemente platziert, um als Zwischen- und Übergangsräume zu dienen. Terrassen, Begrenzungsmauern und Geländestufen begrenzen die Ebenen und Spielflächen. Die Holz- und Betonobjekte schaffen ein Netzwerk von Landmarken zwischen den Fußgängerwegen, Treffpunkten und Häusergruppen. Sie stehen in einem Kontrast zur üppigen Vegetation und sie charakterisieren räumliche Qualitäten, ähnlich wie klassische Elemente in einem Barockgarten (Figuren, Pavillons, Belvederes, Terrassen und Brunnen). Die Objekte komplettieren die existierende Landschaft und schaffen einen urbanen Park. Gelegenheit von Eingriffen in die Substanz u
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