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architektur FACHMAGAZIN 52 Dach & Wand „Herausragende Architektur hängt zu 50 Prozent mit herausragender Kunst zusammen“, so formulierte Len Lye 1964. Die in New Plymouth neu erbaute Architektur ist eine Art Kombination von ‚kinetischer Kunst‘ und einem Museum, in Verbindung mit einer Kunstgalerie. Wobei Architektur ein nicht ganz zutreffender Ausdruck für dieses Objekt ist - eine ca. 14 Meter hohe, senkrechte, aus poliertem, spiegelndem Stahl bestehende, wie ein Vorhang gewellte Wand umschließt wie eine Kolonnade den Komplex. Der Baukörper verwehrt sich der genauen Fixierung durch Spiegelung der Umgebung, verzerrt sowohl Betrachter als auch sich selbst durch leicht geneigte vertikale Falten und erinnert ein bisschen an die Spiegelkabinette der Geisterbahn im Wiener Prater. Nur der Maßstab ist ein anderer. Auch die angrenzenden Gebäude aus der Kolonialzeit spiegeln sich in Wenn man sich etwas mit der Arbeit des hier gewürdigten Künstlers auseinandersetzt, ist die Form und das Aussehen allerdings 100 Prozent schlüssig. Das Design artikuliert Len Lye’s Philosophie und die Verbindung, Beziehung zwischen Kunst und Architektur. Es schafft einen ehrerbietenden Raum und ein sensorisches Erfahrungsexperiment aus Licht - einen Tempel für die Kunst eben. Das für die äußere Hülle gewählte Material - ein hochreflektierender rostfreier Stahl - ist eine Referenz an die innovative Stahlindustrie von Taranaki. ‚Stahl ist Taranakis lokaler Stein‘, wie die Neuseeländer zu sagen pflegen. Die Hülle erzeugt die verschiedensten Reflexionen und Eindrücke, je nach Tageszeit und Saison. So wie Lye manche seiner Filme ohne Kamera schuf (durch Zerkratzen und Zerstören der Trägersubstanz) entsteht hier ein Raum ohne die in unserem Bewusstsein und Denkmuster typischen Wände und Dächer. Es ist wie eine sich gerade materialisierende Vision, die zum Staunen und auch Nachdenken anregt. den Faltungen, dadurch passt sich der Körper - trotz gänzlich fremder Anmutung - doch auch irgendwie in die Umgebung ein. u


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