116 architektur FACHMAGAZIN edv Europäisches Forschungsprojekt „RetroKit“ Von Anfang an setzte Kratzel dabei auf Wärmebildkameras von FLIR, der besonders die hoch-empfindlichen, rauscharmen Kameradetektoren schätzt. Mittlerweile setzt das AGB-Team auch eine FLIR T1030sc ein – eigentlich eine Kamera für Forschung und Entwicklung. „Genau das ist es auch, was wir damit machen,“ erklärt Kratzel am Beispiel der Sanierung von zwei Mietshäusern. „Gemeinsam mit Partnern aus der Wissenschaft wie dem Fraunhofer Institut haben wir hier das europäische Forschungsprojekt „RetroKit“ umgesetzt: Eine Sanierung mit Lüftungskanälen (Zu- und Abluft) bzw. nur Abluft auf der Außenseite des Gebäudes, integriert in die Dämmung. Außerdem wurden die Fenster des Hauses so ersetzt, dass die Mieter während der Renovierungsarbeiten kaum belästigt wurden: Erst wenn von außen die neuen Fenster installiert waren, wurden von innen die alten Fenster entfernt. Das ganze Projekt wurde mit kontinuierlichen Messungen von Temperatur, relativer Luftfeuchte und CO2-Gehalt begleitet. Nach der Sanierung und Dämmung erkennt die FLIR T1030sc dank ihrer hohen thermischen Auflösung von 1.024 x 768 Pixeln die Abluftleitungen – und das, obwohl sie die Dämmung nur um wenige zehntel Grad erwärmen,“ erklärt Kratzel und ist begeistert von der thermischen Empfindlichkeit (NETD: < 20 mK) und der Geschwindigkeit des Prozessors. Um äußere Einflüsse weitestgehend zu eliminieren, arbeitet er meistens abends nach Sonnenuntergang und bei kälteren Temperaturen mit der Kamera. Deshalb weiß er, worauf es auch ankommt: „Jeder, der schon einmal nachts im Winter 150 oder mehr Thermografie-Aufnahmen von einem Gebäude gemacht hat, weiß, was es bedeutet, wenn das Abspeichern eines Bildpaars gefühlte zehn Sekunden dauert – oder gerade mal zwei.“ Systematik führt zu verwertbaren Ergebnissen Kratzel plädiert für eine systematische und akribische Vorgehensweise bei thermografischen Untersuchungen: „Nur wenn ich weiß, welche äußeren Einflüsse die Messungen beeinträchtigen können, sind meine Thermogramme mehr als nur bunte Bildchen. In der Bauthermografie gehören zu diesen unerwünschten Einflüssen Feuchtigkeit und Wind genauso wie Sonneneinstrahlung. Wenn die Sonne nur fünf Minuten direkt auf ein Gebäude scheint, brauche ich mich danach überhaupt nicht mehr an die Arbeit zu machen, sofern ich die Effekte der Transmission messen will. Ich messe dann nämlich vor allem die Erwärmung der Fassade durch die Sonne.“ Wie sinnvoll Thermografie sein kann, stand für Herbert Kratzel nie infrage. „Das sahen anfangs nicht alle so. Einige Kollegen aus dem Hochbau sagten uns damals hinter vorgehaltener Hand: Ihr findet Fehler, die wir gar nicht gesucht haben. Wir galten damals als Besserwisser“, erklärt Herbert Kratzel, und fügt nicht ohne Stolz hinzu: „Mittlerweile hat sich die Wahrnehmung gründlich geändert, und wir werden als willkommene Unterstützung bei den verschiedensten Problemen kontaktiert.“ Die Auflösung der FLIR T1030sc ist detailliert genug, um die Ab- und Zuleitungskanäle in der Dämmung zu detektieren – sogar die thermisch getrennten Dübel der Dämmungskonstruktion sind als regelmäßige dunkle Punkte sichtbar. © FLIR Ab- und Zuleitungskanäle in der Dämmung sind als hellere Linien vor dem dunklen Blau der Fassade deutlich zu erkennen. © FLIR
architektur_217_eMag
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