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10 architektur FACHMAGAZIN Start Die Skulptur ist das letzte, neueste Werk des Künstlers Tresoldi, der seine Karriere als Bühnenbildner begann. Heute widmet er sich ausschließlich der Kreation von Drahtstrukturen. Sein Werk, und so auch dieses, ist von einem unbeschreibbaren Hauch der Zerbrechlichkeit durchdrungen, aber trotz (oder wegen) ihrer beachtlichen Größe steht die Installation „Baroque“ sicher am Boden. Die Skulptur, der geschaffene Raum, bietet eine zeitlich begrenzte Form an und bleibt gleichzeitig unberührbar: Ein antiker Tempel, ein Raum für Töne, für Musik? Oder nur eine im Raum materialisierte Zeichnung eines Sakralbaus? Das solcherart entstandene Volumen ist vergänglich, nicht nur weil es wahrscheinlich irgendwann abgebaut und hoffentlich an einem anderen Ort wieder aufgebaut wird. Hier wird ein schmaler Grat zwischen Vision, Utopie (im Sinn von U-Topos – Nichtort) und Realität beschritten, ein Weg, welcher in jedem guten Architekturprojekt für den Schöpfer während der Ausführung zu einer Herausforderung wird. Tresoldi balanciert auf genau diesem Grat: Er imaginiert, baut auf das Vergängliche und überlässt es den anderen, sich mit einer Nutzung auseinanderzusetzen. Er ist sich des Ephemeren seiner Schöpfung bewusst – Dauerhaftigkeit ist nicht intendiert. Auf jeden Fall stimuliert diese Skulptur auch den Geist, denn dieser versucht mit den Augen automatisch aus den Linien, Strichen der Gitterkonstruktion, einen realen, wenn auch nur im Hirn existierenden, Raum zu imaginieren. Auch der architektonische Begriff des sogenannten „Negativraumes“ spielt bei seinen Konzepten eine Rolle: Die Hohlräume, die Zwischenräume in den Gittern, werden vom menschlichen Auge zu der vorgestellten Architekturform ergänzt. Im Fall von „Baroque“ entsteht der Eindruck einer hastig und schnell hingeworfenen Skizze, wie eine Blaupause, welche zum Leben erweckt wird. In der Nacht füllt sie sich mit Licht und so wird die Imagination fast real, ein flüchtiger Effekt – ephemer. Er atmet kurz im Licht und der Musik des Augenblicks und schließt sich wieder, stirbt. Bei Nachteinbruch erschien das Werk von Tresoldi jedes Mal wie eine majestätische architektonische Skulptur, vielleicht wie das Volumen einer frühchristlichen Kirche. Gleichzeitig hatte es die Fähigkeit, eine Verbindung zwischen dem Vergangenen und der Gegenwart herzustellen. Es ist ein Werk, das sich mit der weltlichen Kontroverse über die Wirkmacht von Kunst auseinandersetzt und zwei komplementäre Sprachen in einer einzigen, atemberaubenden Szenerie zusammenführt.


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