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www.architektur-online.com 7 Start Frau Frey, wie kommen Sie als ehemalige Moderatorin zu einer derartigen Liebe und Intensität, alte Architektur zu restaurieren? Ganz einfach, man muss sich selbst als Person zurücknehmen und die baulichen Fehler der letzten 800 Jahre ausräumen. Was waren Ihre Grundlagen bei diesem Projekt? Back to the roots! Auch in Richtung upcycling? Ja, der Tisch, an dem wir hier sitzen, ist ein 200 Jahre alter Dachstuhl, da haben wir das Holz in die Trockenkammer gegeben, damit die Holzwürmer absterben. Dann habe ich diese Möbel daraus fertigen lassen (nach eigenen Entwürfen), mit allen Anforderungen der Gastronomie. Die Oberfläche der Möbel hier muss ja der Betriebsanlagengenehmigung entsprechen, Hygiene etc. – aber das ist alles machbar. Was hat Sie dazu bewegt, sich der Architektur zuzuwenden? Das ist eine lange Geschichte, die hat schon vor 30 Jahren begonnen. Ich bin in der historischen Kellerei meiner Eltern, in einem alten Haus aufgewachsen. Da waren die Mauern im Keller gekalkt, überall ist Werkzeug, z. B. der Fassbinder, herumgelegen und so war ich immer schon mit dem Handwerk vertraut. Dann, später habe ich mich in ein Abbruchhaus verliebt, es unter Enterbungsdrohungen meiner Mutter gekauft und ohne jede Ahnung von Architektur angefangen umzubauen. Als dann die Scheidung kam, bin ich mit einem Bau aus dem 19. Jahrhundert, ohne Dach, entkernt und alles eingerüstet, aber mit dem halben Budget dagestanden. So bin ich in Wien von einem Abbruchobjekt zum anderen gefahren und habe billig eingekauft: Türklinken, Fenstergriffe, Türen, Ziegel usw. Damit habe ich das Haus fertigstellen können, dabei aber viel Lehrgeld gezahlt. Später habe ich die Kellerei meines Vaters in Klosterneuburg umgebaut und mit Wohnungen versehen und noch einiges mehr. Wie sind Sie dann zu diesem Objekt gekommen? Es war schon eineinhalb Jahre am Markt, aber offensichtlich wollte es niemand. Es war auch in einem schlechten Zustand. Die Herausforderungen waren ein offener, 27 Meter langer Kanal an einer Seite, der über 70 Jahre bei Regen die Fäkalien in die Außenmauern abgesetzt hat. Dieses Problem haben wir durch Abgraben, Entsorgen und mit einer Vormauerung bewältigt. Eine weitere Herausforderung war das Mischmauerwerk. Wir haben sechs verschiedene Zementarten verwendet, um der ursprünglichen chemischen Zusammensetzung des Zementes möglichst nahezukommen. Für den schliefbaren Kamin eine eigene Sorte (Adriazement weil hitzebeständig) und für die nach unten verlängerten Außenmauern wieder eine andere (Glocknerzement, weil sehr hart). Eine schöne Geschichte! Ja, das Haus steht aber nicht unter Denkmalschutz, das muss es auch gar nicht, denn ich habe ohnehin alles so gemacht, wie es sich denkmalschützerisch gehört. Die Fassade habe ich mit Sumpfkalk streichen lassen, die Farben habe ich der Kathedrale Santa Maria del Fiore in Florenz nachempfunden. Und weil mein Haus am Stadtplatz mit dem Nachbarn zusammenpassen sollte, versorgte ich das nebenliegende, ebenfalls historische, Bauwerk mit zart abgetönten Derivaten meiner Kalkfarben, damit die Häuser sich nicht farblich „in die Quere“ kommen. Ist diese Faszination, die Sie im Alten finden, ein Ausgleich zu Ihrem Leben als Journalistin? Nein, ich bin ganz pragmatisch. Ich habe ein altes Objekt und das wollte ich wieder so restaurieren, wie es einmal war. Es waren hier im Inneren sehr viele Abmauerungen, Ergänzungen und Zubauten. Wie bei einer Zwiebel habe ich Schale um Schale entfernt, dann das was übrig geblieben ist, gekalkt und mit Naturpigmenten und Leinölfirnis „patschokiert“.


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