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77 www.architektur-online.com Licht In der Mitte (Fläche B) befindet sich die Referenzfläche mit einem bestimmten Farbwert (hellblau). Die Flächen A und C sehen im direkten Vergleich »ähnlich« aus wie die Referenzfläche. Es fällt nicht schwer, sie also ebenfalls als ‚hellblau‘ zu bezeichnen. Problematisch wird es, wenn man die beiden ähnlichen Farben A und C direkt miteinander vergleicht: Hier wird jetzt ein deutlicher Unterschied sichtbar. Und es fällt schon deutlich schwerer, eine Ähnlichkeit zu erkennen und beide Farben als ‚hellblau‘ zu identifizieren. Diese Abweichung zwischen den sichtbaren Unterschieden der ‚ähnlichsten Farbtemperatur‘ wird bei LEDs leider häufig besonders deutlich. Der Planer kann sich kaum darauf verlassen, bei identischen Artikeln oder selbst bei gleichen Chargen, identische Lichtwirkungen zu erhalten. Fertigungstoleranzen Die Ursache für die Abweichung liegt im Herstellungsprozess der LEDs. Dort treten fertigungsbedingt Schwankungen auf, die man versucht durch einen Auswahl- und Sortierungsprozess zu kompensieren. Die LEDs werden nach der Produktion einem sogenannten ‚Binning‘ unterzogen. Dabei erfolgt eine Selektion der produzierten LEDs in verschiedene Klassen oder auch ‚Behälter‘ (engl. ‚bin‘). Die Art der Einteilung und die Definition der Größe eines Bins werden dabei von jedem LED-Hersteller unterschiedlich definiert. Der Leuchtenhersteller hat die Wahl, aus welchem Binning er die LEDs für seine Leuchten bezieht. Ein sehr feines Binning führt dazu, dass man möglicherweise keine relevanten Unterschiede bei Farbeindruck der Leuchten wahrnimmt. Allerdings ist dies wiederum sehr teuer, da ja nur eine geringe Stückzahl von produzierten LEDs für die Produkte infrage kommt. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass das Binning nicht nur in Bezug auf den Farbort, sondern auch in Bezug auf den Lichtstrom, die Farbwiedergabequalität oder weitere Parameter vorgenommen wird. Qualitätskriterium SDCM und MacAdam-Ellipsen? Als Qualitätskriterium der Farbeinheitlichkeit wird in vielen Datenblättern von LED-Leuchten das Kürzel ‚SDCM‘ in Verbindung mit einer Zahl (z. B. < 3 SDCM) verwendet. Das Akronym ‚SDCM‘ steht dabei für ‚standard deviation of colour matching‘ und bezeichnet die Standardabweichung von einem Referenzfarbort. Je kleiner also die Zahl, desto besser ist die Farbeinheitlichkeit der Produkte. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von ‚MacAdam-Ellipsen‘ gesprochen. Dabei meint SDCM und MacAdam-Ellipse das Gleiche. Doch wer sich näher mit dem Thema MacAdam-Ellipsen beschäftigt, stellt ernüchtert Folgendes fest: Statistisch gesehen ist es möglich, dass selbst bei einem 2 SDCM-Binning, Farbortunterschiede existieren, die von fast allen Menschen wahrnehmbar sind. Die Alterung Hinzu kommt noch die altersbedingte Farbdrift von LEDs. Mit welcher Farbortverschiebung der Lichtplaner nach 10.000, 20.000, 30.000 oder gar 50.000 Betriebsstunden zu rechnen hat, findet man in der Regel nicht in den Datenblättern der Leuchtenhersteller. Hier müsste man genau wissen, welches LED-Modul verbaut ist, wie es betrieben wird, welche Umgebungstemperaturen herrschen. Dann kann man gegebenenfalls über ein Datenblatt des LED-Herstellers Rückschlüsse auf die Farbortverschiebung nach einer bestimmten Betriebsdauer ziehen. Aber welcher Planer macht das in der Praxis? Der Einsatzbereich ist wichtig Inwieweit die Farbunterschiede visuell wahrnehmbar sind, hat natürlich auch damit zu tun, wo und wie beleuchtet wird. Sicher fallen Farbortunterschiede sehr stark auf, wenn es um die Beleuchtung einer weißen Wand geht. Verfolgt man das Ziel horizontale Flächen gleichmäßig auszuleuchten, findet ohnehin eine Durchmischung des Lichtes bis zur Nutzebene statt und Unterschiede werden meist kaum sichtbar sein. Erweiterte Garantien? Falls der Hersteller eine (freiwillige) Garantie auf die Produkte anbietet, kontrollieren sie, ob und inwieweit dort auch eine Farbortabweichung inbegriffen ist. Sollte sie nicht oder nur unzulänglich in der Garantie enthalten sein, versuchen Sie den Hersteller im Falle sichtbarer Farbunterschiede schriftlich zu einem Tausch der Produkte zu verpflichten. Viele Hersteller nehmen einen Austausch auf Basis der Kulanz – die allerdings nur ein Wohlwollen des Herstellers ausdrückt und dem Planer oder Kunden keinen Rechtsanspruch einräumt – vor.


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