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Architektur_Fachmagazin_414

start Nachhaltigkeit und Ziegel im Westen wie im Osten Der alle zwei Jahre stattfindende Wienerberger Brick Award - heuer unter Mitwirkung 6 von Wang Shu, Pritzker-Preisträger 2012 - zeigt recht eindrucksvoll, wie dieses Baumaterial in den verschiedensten Kulturkreisen heute noch verwendet wird - und welche nachhaltigen Lösungen damit zustande kommen können. Der diesjährige Preisträger der Kategorie ‚Special Solution‘ war das ‚Kantana Film and Animation Institute‘ in Nakhon Pathom in Thailand. Das vom Bangkok Project Studio entworfene Ausbildungszentrum besteht aus mehr als 600.000 handgemachten Ziegeln aus der letzten dörflichen Produktion Thailands. Für die Bauarbeiten wurden Arbeitslose angelernt, was dem Projekt eine besondere soziale Komponente verleiht. Ein Haus für eine möglichst autarke Lebensweise errang den Sieg in der Kategorie ‚Residential Use‘: Architekt John Lin errichtete in der chinesischen Shaanxi Provinz das ‚House for all Seasons‘ aus traditionellen Lehmziegeln. Die Innenhöfe verbinden Küche, Bad, Wohn- und Schlafzimmer miteinander, auf dem Dach wird Fleisch getrocknet und Regenwasser gesammelt. Peter Reischer nutzte die Gelegenheit, um mit dem Preisträger, dem - aus China stammenden und in den USA und Dänemark lebenden - Architekten John Lin, ein Gespräch über die verschiedenen Sichtweisen der Nachhaltigkeit in China und im ‚Westen‘ zu führen. Herr Lin, glauben Sie, dass der Ziegel als ein nachhaltiges Produkt, die Architektur revolutionieren kann? Er hat seinen Wert als Material mit einer niedrigen Zugänglichkeit und einfachen Verfügbarkeit. Der Ziegel kann nicht ohne die Beziehung zum Handwerk, zum Menschen definiert werden. Menschen setzen diese Bauten Ziegel für Ziegel zusammen. Der Ziegel als ein ‚soziales‘ Baumaterial? Ja, in einer metaphorischen Weise - sicher! Aber nicht in einer romantischen Art, seine Qualität ist untrennbar mit dem Arbeiter verbunden. Man kann aber über seine Qualität nur in Zusammenhang mit einer Ziegelmauer oder Ziegelarchitektur sprechen. Glauben Sie, dass ein Europäer aus seiner Sicht die Vorgangsweisen und Entwicklungen in der Architektur, in der Kultur aber auch Politik und Gesellschaft in Asien, in China, beurteilen kann? Haben wir das Recht, das zu beurteilen, oder maßen wir uns da zu viel zu? Das ist eine große Frage. Ich denke auch immer darüber nach, ich lebe fast zwei Drittel des Jahres in China, auf dem Land und in Hongkong, wo ich unterrichte und ein Drittel in Europa. Mein Sohn hat 3 Pässe, einen amerikanischen, einen dänischen und einen asiatischen. Es ist natürlich das Recht der Europäer und eine Verpflichtung, sich in diese Debatte einzubringen, zu involvieren. Alles ist in irgendeiner Weise miteinander verbunden - also müssen wir alle unsere Augen offen halten. In diesem Sinn muss man die Umstände, unter denen Dinge passieren, verstehen und miteinbeziehen. Also nicht Aktionen, Handlungen und Resultate beurteilen, sondern davon ausgehen, dass Menschen fundamental von denselben Antrieben beeinflusst werden. Wir sind alle ähnlich und es ist falsch zu sagen, da ist die chinesische Regierung und die benehmen und handeln so oder so. Und da ist die amerikanische Regierung, die hat ein anderes System. Fotos: John Lin, Wienerberger


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