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Architektur Fachmagazin April, Mai 2014

start miss_vdr architektur Text: Peter Reischer Drei junge Architektinnen gründen zusammen ein Büro und machen sich selbstständig. Das ist in der männerdominierten Welt der Architektur etwas Außergewöhnliches und deshalb besuchte Peter Reischer sie und unterhielt sich mit ihnen über ihre Ambitionen 6 und Hintergründe. Der Name: Das Büro nennen die Drei ‚miss_vdr architektur‘ und es besteht aus miss Theresa Häfele, miss Julia Nuler und miss Matthäa Ritter. Der Name ist sozusagen Programm für das Team, das an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, sowie in Berlin, Kopenhagen und Santiago de Chile studiert hat. Die Atelierbezeichnung selbst ist ein Wortspiel und bleibt rätselhaft. Der Zusammenschluss der drei Frauen erfolgte auch mit der Absicht, eine größere Unabhängigkeit zu erzielen. Und zwar Unabhängigkeit von einem geschlechter-hierarchischen und durch soziale Ungleichheit geprägten Gesellschaftssystem. „Wir wollen das Potenzial untereinander stärken und ein Netzwerk von Frauen aufbauen und bilden. ” Philosophie: Wir suchen für jeden Ort genau die Lösung, die zu den Gegebenheiten und Anforderungen passt. Dabei sollen ungenutzte Potenziale aktiviert und eigenständige Wege beschritten werden. Wir versuchen zum wesentlichen Kern einer Sache vorzudringen, ohne dabei eine ganzheitliche Betrachtung zu verlieren. Somit bleiben wir bei jedem Projekt für neue Perspektiven und alternative Nutzungsmuster offen. Zusammenarbeit und Kommunikation untereinander sind uns wichtig. Dabei sehen wir die NutzerInnen ebenso als Experteninnen, wie ProjektpartnerInnen und ProfessionistInnen. Der Arbeitsschwerpunkt: Zuerst haben wir mit Projekten, die für uns realisierbar waren, begonnen. Vom BauherrInnenhaus über Wohnungsumbauten, Küchen, einen Lokalumbau entwickelte sich langsam auch die architektonische Sprache weiter: Sie ist poetisch-persönlich, einmal kraftvoll, einmal © miss_vdr subtil und filigran, atmosphärisch und trotzdem schlicht. Wir haben einen Fokus auf sozialpolitische Themen gerichtet. Da versuchen wir zu thematisieren und das in die Diskussion über Architektur einzubringen. Das Demonstrieren der eigenen Weltanschauung nach außen ist unsere Stärke. Weibliche Architektur: Weibliche Architektur in diesem Sinne gibt es nicht. Frauen als Architektinnen machen nicht nur organische Architektur. Es gibt auch Architektur von Frauen, die extrem technoid ist. Schütte Lihotzky, die ja von der sozialen Seite her ihre Projekte aufgebaut hat - das ist schon interessant. Uns so ist auch bei uns der soziale Ansatz wichtiger als der formale. Es geht auch um das Berücksichtigen von unterschiedlichen Bedürfnissen im öffentlichen und privaten Raum, eine Neuorientierung der Raumaufteilung. Wir haben uns am Anfang schon gefragt, was kommt heraus, wenn wir uns zusammenschließen? Aber das ist ein Experimentierfeld, da wollen wir uns nicht festlegen. Retro? Nicht unbedingt, nur weil heute die Architektur nicht mehr vom Sozialen ausgeht, heißt unserer Motivation nicht gleich ‚retro‘. Das hat mit Anteilnahme, Mitgefühl, © IVAYLO MLADENOV


Architektur Fachmagazin April, Mai 2014
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