Magie im alten Taubenschlag
Dieser alte Taubenschlag in Verbindung mit einem Getreidespeicher ist ein Ort der Stille, der Meditation und des Rückzuges in Portugal. Malerisch neben einem kleinen, von Steinen umrahmten Teich unter Bäumen gelegen, wurde er ursprünglich im späten 19. Jahrhundert errichtet. Auf seinen riesigen Steinfundamenten aus Granit diente er als Speicher für Mais. Ein klassisches Beispiel und Juwel der volkstümlichen Minho-Architektur*, renoviert und adaptiert durch Tiago do Vale Arq.tos.
Eigentlich waren es sogar zwei Speicher, die unter einem gemeinsamen Dach, welches den Taubenschlag beherbergte, vereint wurden. Der Raum zwischen den beiden wurde zum Trocknen von Getreide benutzt. Es war eine unübliche aber charmante Kombination dreier volkstümlicher Bauformen (Taubenschlag, Maisspeicher und Trockenkammer für Getreide), die aber für die Rekonstruktion einige Schwierigkeiten mit sich brachte. Aus Eichenholz erbaut, war die Struktur für ihre Zwecke unterdimensioniert. Und da der Bau keinerlei Pflege während seiner Lebensdauer erhalten hatte, war er total vermorscht, wurde nur noch durch Stahlkabel, die an den umliegenden Bäumen befestigt waren, aufrecht gehalten. Allerdings erlaubten die verrotteten Holzstücke noch eine genaue Dokumentation des Designs und der konstruktiven Technik von einst. So begann man Stück für Stück mit der Rekonstruktion in der Art, in welcher der „Ise Jingu“ Schrein alle 20 Jahre in Japan wieder erneuert wird. Allerdings hier im Maßstab der portugiesischen Volksarchitektur und unter Inanspruchnahme lokaler Bautraditionen.
Das Resultat ist die Wiedererstehung einer Architektur, Element nach Element, mit all den tischlerischen und zimmermannsmäßigen Feinheiten, jedoch mit kleinen statischen und strukturellen Verbesserungen, die seine Sicherheit und den Fortbestand sichern sollen. Eine gewisse Anzahl von Aussteifungen wurde – entsprechend Beispielen aus der ländlichen Architektur der Region – an strategischen Punkten angebracht. Zwei hölzerne Klapptore führen in die Speicher und ein kleines Stiegenhaus macht den magischen Ort des Taubenschlages im Dach zugänglich.
Da sich auch die Zeit ändert, dient dieser Baumhaus—tempel heute weder der Taubenhaltung noch zu landwirtschaftlichen Zwecken und hat auch keine bestimmten Funktionen. Die wieder errichtete, kleine Architektur wird der Natur und der Zeit zur Verfügung stehen und sich den möglichen, unvorhersehbaren Nutzungen hingeben.
*Minho war von 1936 bis 1976 eine der elf Provinzen Portugals. Sie existieren heute nur noch in der Umgangssprache, oder in historisch begründeten Begriffen. Die als grüner Minho bekannte, niederschlagsreiche Provinz wurde nach dem Rio Minho benannt, und galt im Land schon immer als eine Wiege Portugals, mit seiner ersten Hauptstadt Guimarães, seinem religiösen Zentrum Braga und seinen lebendigen Traditionen, insbesondere in Volkstanz, Trachten, Gastronomie, Volksmusik und Architektur.
Fotos:©João Morgado