Marketing und „Public Relations“ für Architekten – Gabriele Brugner MA
Public Relations, im deutschsprachigen Raum oft auch Öffentlichkeitsarbeit genannt, sind bewusstes, geplantes und kontinuierliches Kommunizieren, Vermitteln von Botschaften mit dem Ziel, Verständnis und Vertrauen mit einem Zielpublikum aufzubauen und zu erhalten. Ein weiteres Ziel der Öffentlichkeitsarbeit ist der Ausbau des Bekanntheitsgrads einer Organisation oder eines Unternehmens (Architekturbüros). architektur sprach mit der Marketingexpertin Gabriele Brugner über die Tatsache, dass viele Architekturbüros noch immer gänzlich auf klassische Werbung und auch Öffentlichkeitsarbeit verzichten.
architektur: Die Wirtschaft leidet an geblich noch unter der viel zitierten Krise – hilft besseres Marketing dem Architekten, die Krise in der Bauwirtschaft leichter zu meistern?
Gabriele Brugner: Ja, auf alle Fälle. Durch ein geplantes Marketing können die Architekten Krisen oder Engpässe überwinden. Es gibt drei Eckpfeiler, die man beachten sollte: Marketing, Public Relations, Lobbying – wie ich etwas mache, was ich machen will und wie ich es in die Öffentlichkeit bringen will. Das sind die typischen Marketingfragen, die sich viele Architekten gar nicht stellen.
Marketing ist besonders in Krisenzeiten wichtig. Aber wie sieht das Marketing für Architekten in der Krise aus?
Die ArchitektInnen müssten eine Nische finden. Sie müssen sich spezialisieren und noch dazu ein anderes Standbein installieren. Architekten sind dafür bekannt, dass sie ein sehr umfangreiches Leistungsspektrum haben: vom Hallenbad über Kirchen bis zum Einfamilienhaus. Alles ist Architektur. Wenn man eine Nische hat, hat man auch meistens eine Auslastung für die nächsten fünf Jahre. Das hängt auch mit Markenbewusstsein zusammen: Es gab in den letzten 20 Jahren sehr wenige Gebäude, die einen Inhalt oder eine Idee haben. Ein Gebäude soll nicht nach seinen formalen oder äußeren Werten oder Erscheinungsmerkmalen beurteilt werden, sondern nach seinen ‚inneren Werten‘. Das ist auch eine Nische, die einige Architekten für sich nutzen könnten.
Eine Marketingweisheit ist das sogenannte „antizyklische Handeln“: Krisenzeiten nutzen, um nach der Krise gegenüber dem Wettbewerb besser positioniert zu sein als davor. Typischerweise sollte man also in diesen Zeiten Geld in das Marketing, also die Ausrichtung der Unternehmensentscheidungen auf den Markt, stecken. Aber gilt dies auch für Architekten?
Ja, das gilt auch für Architekten. Das macht ja jede Firma so und jeder ArchitektIn ist auch Unternehmer, auch wenn sie es nicht gerne hören, oder sich dessen nicht bewusst sind.
Begreifen sich die Architekten als Firma?
Nicht alle. Sie begreifen sich dann als Firma, wenn es um es um ihre finanzielle Situation geht. Oder wenn es darum geht, Kosteneinsparungen zu machen.
Glauben Sie, dass es jetzt – wo man an allen Ecken und Enden sparen soll oder muss – richtig ist beim Marketing zu sparen?
Ich würde gerade jetzt nicht beim Marketing sparen.
Ist es besser, wenn sich ein Büro für diese Aufgaben Hilfe von außen holt – oder sollten PR und Marketing aus dem Büro heraus betrieben werden? Mit eigenem Ressourcenmanagement?
Das hängt von der Bürogröße ab. Ich habe das in meiner Diplomarbeit untersucht: Büros bis zu 10 Mitarbeitern sind besser daran, wenn sie eine externe Beratung in Anspruch nehmen. Bis zu 40 Mitarbeitern ist es das Beste, eine marketingversierte Person im Büro zu haben. Ab dieser Größe wird es interessant, eine Vollzeitstelle zu implementieren.
Wie können kleine Büros mit begrenzten Ressourcen an Zeit und Geld erfolgreiches Marketing betreiben? Was macht ein Drei-Mann-Betrieb?
Das ist – ehrlich gesagt – sehr schwierig. Ich würde eine Hilfe in Anspruch nehmen. Es gibt Strukturen in der Wirtschaftskammer – in Österreich und Deutschland – deren Organisationen sogar bis zu einem gewissen Grad kostenlos beraten.
Könnten Sie sich vorstellen, eine Art Notfall- oder Erste-Hilfe-Paket für solche „Kleinstbüros“ zur Verfügung zu stellen?
Das wäre ein guter Vorschlag. Die Lösung müsste sein, einen Art Kommunikationsmix zu machen. Zuerst eine Analyse: Wo will ich hin, gibt es eine Nische für mich? Hab ich ein Alleinstellungsmerkmal? Das geschieht zwar auch in den „Kleinstbüros“, aber leider eher unprofessionell.
Wo liegen in der Pressearbeit der Architekten die größten Probleme?
Die Probleme liegen darin, dass die Architekten Architektur als Architektur und nicht als Erlebnis beschreiben. Da fehlen zum Beispiel die Sinne, die Emotionen, das Augenmerk, was fühle ich in diesem Raum. Die Beschreibungen sind immer eher technischer Natur. Ein Journalist beschreibt das ganz anders, da kann man sich etwas vorstellen als Leser. Die Texte der Architekten sind immer Insiderliteratur. Das verhindert Kommunikation. Die Architektursprache ist anders als die verbale Sprache.
Architekten schreiben also für eine geschlossene Gesellschaft?
Ja, Experten schreiben für Experten und die Architekten schreiben elitär.
Wenn sich Architekten im Netz präsentieren, wie sollten die Kernaussagen ihrer Internetpräsentation lauten?
Die meisten Websites sind „Bilderbücher“. Sie sind Dokumentationen des bisherigen Werkes und die wenigsten beschreiben, was dieser Architekt besonderes macht. Auch in der Bevölkerung ist das Wissen darüber, was ein Architekt eigentlich alles macht und welches große Leistungsspektrum er abdeckt, nicht verankert! Beim Arzt oder beim Anwalt weiß man es, aber nicht beim Architekten. Das ist sowohl eine Aufgabe der Architektenkammer als auch ein Punkt, der auf jeder Homepage sichtbar gemacht werden sollte.
In Deutschland hält sich der weitverbreitete Irrglaube, Architekten dürfen keine Werbung machen. Wie ist das in Österreich?
In Österreich ist gesetzlich verankert, dass Architekten keine den Mitbewerber herabwürdigende Werbung machen dürfen. Auch in Deutschland wurde das Werbeverbot liberalisiert, und auch dort kann der Architekt werben. Öffentlichkeitsarbeit dürfen sie selbstverständlich in beiden Ländern machen.
Was hat der Architekt denn überhaupt für Möglichkeiten, um auf sich aufmerksam zu machen?
Spektakuläre Aktionen oder die Presse! Es gibt viele Möglichkeiten, man muss sie nur ergreifen. In Berlin gibt es zum Beispiel das „Architekturcafé“ (Café Aedes in den Hackeschen Höfen) und das Deutsche Architektur-Zentrum zwischen Köpenicker Straße und südlichem Spreeufer. In Wien ist das AZW (Architekturzentrum Wien) eine wichtige Kommunikationsstelle zwischen Architekten und der Bevölkerung.
Welches sind die größten mentalen Hindernisse für einen Architekten, Marketing zu machen?
Er hat keine Zeit dafür, es interessiert ihn nicht, er traut sich nicht, aber meist sind es finanzielle Hindernisse! Die mentale Schwelle ist, sich der Öffentlichkeit – außer den eigenen Freunden – zu präsentieren, sich selbst diesen Kick zu geben. Die meisten haben schon eine Hemmschwelle zu outen, dass sie Architekten sind. Die Grundlagen dazu werden schon im Studium gelegt: das Standesbewusstsein, ein gewisser Dünkel, eine Ich-Bezogenheit. Die schwarze Kleidung sozusagen als „Uniform“.
Was sind die wichtigsten Erfahrungen aus Ihrer Beratungstätigkeit? Haben Sie Tipps und Tricks, die Sie den Architekten mitgeben wollen?
Ich würde empfehlen, nicht nur eine Einjahresplanung – wie viele es tun – zu machen, sondern einen Fünfjahresplan. Und dann wirklich diese Strategie zu verfolgen – ganz „straight“ sozusagen.
In den Medien positiv präsent zu sein, das sollte jedes Büro anstreben. Sind damit nur die Fachmedien oder Architektur-Onlineportale gemeint?
Nein, auch die Tageszeitungen, auch andere Magazine, Lifestyle-Magazine, Wirtschaftszeitungen. Genau dort sind die Investoren. Sich nur auf die Architekturzeitungen zu konzentrieren ist ein Fehler.
Gabriele Brugner MA hat an der TU Graz Architektur und anschließend Kommunikationswissenschaften in Wien studiert. Die Diplomarbeit verfasste sie über den Bereich „Integrierte Kommunikation (Marketing, PR, Lobbying) in der Architektur“, und ihre Praxis erwarb sie sich in mehreren großen Büros als Expertin für Kommunikation. Brugner formuliert ihr Anliegen als „Architektur aus Idealismus“.
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